Haribo City

Städte aus Fruchtgummi und andere künstliche Welten bei der Ausstellung „Pentiment“  ■ Von Hajo Schiff

Malerei spielt in Ausstellungen aktueller Kunst nicht die führende Rolle. Doch die Nachfrage nach diesem Urgrund der Kunst ist ungebrochen. Kein Wunder also, wenn fünf der 13 Gastprofessoren der Sommerakademie „Pentiment“ Malerei anbieten. Und so erhält auch die kleine, aber internationale Übersichtsausstellung, mit der die Dozenten sich in der Aula der Armgartstraße vorstellen, ein besonderes Farbgewicht.

So etwas wie die figuralen Capricen der in München lebenden Ungarin Ermö Simonyi sind eher die Ausnahme. Meist geht es in den malerischen Abstraktionen, die nur untergründig noch an Gegenständlichkeit angebunden sind, um die Gesetzmäßigkeiten des bildnerischen Denkens und die Chance für das Neue. So jedenfalls formuliert es der aus Litauen stammende Maler Jaakov Blumas. Die fragwürdige Poesie surrealer Traumbilder ist in die Fotografie geflüchtet: In den elegischen Schwarz-Weiß-Bildern der Hamburgerin Jaschi Klein schafft es ein Roß mit angeschnallten Flügeln nur knapp, einen machtvollen Pegasus zu mimen – eine traurige, doch zeitgemäße Variation auf das hochfliegende Reittier der Dichtung.

Höchst präzise in seiner kreativen Mehrdeutigkeit ist aber der Berliner Fluxus-Zeichner Tomas Schmit. In seiner Serie von zwölf Zeichnungen „über das gewinnen von blumentöpfen“ klärt er endlich mal eine wichtige Frage: „Wie viele Arten von Unterschieden gibt es?“ Antwort: „95! oder 96!“. Das wirft natürlich auf die so unterschiedliche Kunst gleich ein anderes Licht und befreit die Assoziationen bei den vertrackten Bildgeschichten von Martin tom Dieck zu Ausflügen in wilde Welten gleich um die Ecke.

Grenzüberschreitungen in Materialien und Kulturen sind immer für eine Überraschung gut. So kombiniert die in Düsseldorf lebende Japanerin Takako Saito unter dem Titel „hören das Flüstern der Muschel, verschiedene Wege zu schweigen“ elf fremdartige Holzmasken und ein geschnitztes Ohr mit Fundstücken und plaziert den Köpfen eine Muschel oder eine Minitröte in den Mund oder versammelt auf Ufo-artigen Holzkörpern Objekte der Modelleisenbahn- und Puppenstubenwelt.

Das Mischen der Materialien ist auch erklärte Methode des Hamburger Künstlers Michael Dörner: Er hat Abgüsse von Alltagsdingen auf einem Frotteeteppich zu einem Stadtmodell arrangiert. So seltsam es ist, daß die Handtücher zu Straßen und Grünflächen werden, der Deckel eines Abfalleimers gleich an eine Sportarena und das Volumen eines Waschmittelbechers an ein Verwaltungshochhaus erinnert, noch merkwürdiger ist das äußerst ungewöhnliche Material: Fruchtgummi.

Mo – Sa, 15.30 – 18 Uhr, Armgartstraße 24, noch bis 1. August. Netzadresse: www.pentiment.de