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Der Herr der Violinen

■ Wenn das Hündchen einen erstaunten Blick aufsetzt und anderer Nonsens: Leslie Nielsen ist für den Regisseur Pat Proft „Sehr verdächtig“. Hier gab's echtes Geld für viel Firlefanz

Das Orchester kann nicht weiterspielen. Die Musiker weinen, weil The Lord Of The Violins so unglaublich bewegend geigt. Das Kuscheltier des ersten Trompeters flennt dessen Schulter naß. Dies ist, nach „Mr. Magoo“, ein weiterer Leslie-Nielsen-Film in kurzer Folge. Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen – oder Leslie-Nielsen-Filmen. Nielsen alias Ryan Harrison scheint diesmal „Sehr verdächtig“. Regisseur Pat Proft hingegen, der die Drehbücher zu diversen „Nackten Kanonen“ und „Hot Shots“ verfaßte, ist nicht nur verdächtig, nein, er schlachtete tatsächlich die Dr.-Kimble-Verfilmung „The Fugitive“ aus. Wie mich deucht, etwas verspätet.

„Auf der Flucht“ datiert auf das Jahr 1993. Sie, Leser, haben den ausgezeichnet spannenden Film hoffentlich gesehen, denn auf diesen Seiten ist immer wenig Platz. Leslie Nielsen nimmt in Profts Nonsens-Remake den Platz des zu Unrecht verdächtigten Harrison J. Ford ein; Richard Crenna macht den menschlichen Bluthund Tommy Lee Jones.

Der Rest ist komprimierter Kimble/Highlander/Baywatch- Scherz- und -Schurzkeks. Handschellen mit Kleeblattanhängern. Fahndungsbefehl im Wald: „Sammelt alle Blätter auf!“ Dann die berühmte Szene, als der Gefangenentransport bei der Überführung verunglückt und Kimble/Harrison entkommen kann. Ein Schwerverletzter greint: „Mein Schnürsenkel ist aufgegangen!“ Wer denkt sich das nur aus? Auch ich möchte einmal in meinem Leben verdammt gut dafür bezahlt werden, mir den lieben langen Tag albernen Blödsinn auszudenken. „Ihr Hündchen hat so einen erstaunten Blick!“ „Das ist, weil Sie in sein Hinterteil blicken!“ Das sind wirklich allerletzte Fragen: Bernd Eichinger gab echtes Geld für diese Produktion. Warum? Angeblich, weil er Leslie Nielsen so lustig findet (wie ich übrigens auch). Tatsächlich doch aber, weil Eichinger zu viele Moneten, Piepen, Mäuse hat. Warum ausgerechnet Leslie Nielsen immer zu empfehlen ist? Weil das wahre Leben auch ein echter Leslie-Nielsen-Film ist.

Auf der Fahrt durch Arizona mahnte uns einst ein Verkehrsschild: Don't Stop For Hitch-Hikers! In der Nähe befand sich das größte Staatsgefängnis. Wir hatten längst einen Anhalter im Auto. Ich blieb bis zum äußersten Filmende. Ich schrecke vor nichts zurück. Anke Westphal

„Leslie Nielsen ist sehr verdächtig“. USA 1998. Regie: Pat Proft. Mit Leslie Nielsen, Melinda McGraw, Richard Crenna, Kelly LeBrock, Michael York. 89 Min., Farbe. Eine Bernd-Eichinger-Produktion

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