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Bonn: EU-Bürger sollen gefälligst in Europa bleiben

■ EU-Kommission will Mobilität von Arbeitnehmern stärken und die Rechte von Familienangehörigen verbessern. Bundeskanzleramt kündigt Widerstand an

Berlin (taz) – Beim Weg nach Europa setzt Bonn weiterhin auf hohe Hürden. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) kündigte gestern „entschiedenen Widerstand“ gegen die neuesten Vorschläge der Kommission der Europäischen Union an, mit denen das Recht auf Freizügigkeit für die Bürger der Mitgliedsstaaten gestärkt werden soll.

Auf Mißfallen stößt inbesondere der Plan der Kommissare, die Arbeitsmöglichkeiten für EU-Bürger und den Familiennachzug zu erleichtern. Nach dem am Mittwoch abend angenommenen Vorschlag der Kommission, dem eigentlichen Kabinett der EU, sollen Familienangehörige von EU-Bürgern künftig „ohne Einschränkung“ ins Gastland nachziehen dürfen. Bis heute ist dies auf Kinder bis zum Alter von 21 Jahren, unterhaltsberechtigte Kinder und Verwandte beschränkt. Darüber hinaus sollen arbeitssuchende EU- Bürger automatisch ein Aufenthaltsrecht in einem EU-Staat erhalten und auch dann bleiben dürfen, wenn sie nachweisen, daß sie sich um eine Weiterbeschäftigung bemüht haben. Rechnung trägt die EU- Kommission den neuen Arbeitsverhältnissen. Wer in seinem EU-Gastland mehrere befristete Jobs hintereinander hat, den wollen die Kommissare besser schützen. Weiter Aufenthalt in seinem Gastland soll derjenige genießen, der in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren mindestens zwölf Monate gearbeitet hat.

Liberalisieren will die Kommission auch die Rechte für Ehen zwischen EU- Bürgern und Bürgern aus einem Nicht- EU-Staat. Danach könnte zum Beispiel ein Deutscher, der in Frankreich arbeitet und mit einer Algerierin verheiratet ist, diese nachziehen lassen. Bedingung: Die Ehe muß mindestens drei Jahre bestehen. In diesem Punkt geht die Kommission weit über Urteile des Europäischen Gerichtshofs hinaus, die dieser in der Vergangenheit zur Freizügigkeit gefällt hatte.

Aus EU-Kreisen in Brüssel hieß es gestern, mit ihrer ablehnenden Haltung stehe die Bundesregierung in Europa nicht allein. Das Thema sei heikel und insbesondere unter den Staaten in der Union umstritten, die wirtschaftlich stark seien und die Arbeitsimmigranten aus anderen EU- Staaten anzögen. Bundeskanzleramtsminister Bohl nannte insbesondere die Vorschläge zur Aufenthaltserleichterung und zum Familiennachwuchs eine Einladung zum „Leistungsmißbrauch“. Befürchtet wird unter anderem im Kanzleramt, daß Angehörige von EU-Arbeitnehmern, die in Deutschland arbeiten und über kein ausreichendes Einkommen verfügen, verstärkt Sozialhilfe beanspruchen könnten. Die Vorschläge der EU-Kommission werden voraussichtlich im September im Rat der EU diskutiert. Das Europaparlament in Straßburg wird darauf kaum einen Einfluß haben, da es nur ein Anhörungsrecht besitzt. Severin Weiland

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