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„Die Spieler sind ja nicht blöd“

■ Ausrufe wie „mein Ball“ oder „Hab ich“ sind Fußballern verboten. Statt dessen muß oft der Name „Leo!“ als Signal herhalten. Im taz-Interview spricht der bekannte Unbekannte über seinen Job

Obwohl ihn noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat, ist er auf Hamburgs Fußballplätzen in fast aller Munde: Leo. Mit seiner Hilfe weichen deutsche Kicker Woche für Woche deutlichen Worten wie „Hab' ich!“ oder „Mein Ball!“ gekonnt aus.

Derartige Äußerungen sind laut Regelwerk verboten, denn „Spieler der gegnerischen Mannschaft könnten getäuscht werden“, sagen die Schiedsrichter. Also bedienen sich die Spieler immer häufiger eines einfachen „Leo!“, um ihren Mitspielern zu signalisieren, daß sie in Ballbesitz kommen wollen. Die taz hatte die exklusive Gelegenheit, mit dem bekanntesten Unbekannten des deutschen Fußballs zu sprechen.

taz: Leo, du erscheinst ebenso häufig wie unangekündigt auf dem Spielfeld. Wie schaffst du es, auf mehreren Sportplätzen gleichzeitig zu sein?

Leo: Das ist ganz schöner Streß, vor allem am Wochenende. Aber was soll man machen, wenn man so begehrt ist? Nicht nur in Hamburg oder Schleswig-Holstein, sondern sogar in Bayern hat man inzwischen meine Qualitäten erkannt, so daß ich auch dort regelmäßig zum Einsatz komme.

Welcher Fußballverein gefällt dir am besten?

Immer der Club, wo Leonardo Manzi gerade spielt. Der nimmt mir eine ganze Menge Arbeit ab.

Die Sommerpause ist vorbei. Wie hast du die fußballfreie Zeit überstanden?

Von wegen freie Zeit. Ich war als 23. Mann der Deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Frankreich dabei. Schließlich kennen mich auch Lothar & Co. Ich habe dort mit meinem besten Kollegen „Hintermann“ eine tolle Zeit gehabt.

Der Deutsche Fußballbund buhlt intensiv um die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2006. Könntest du dir eine Karriere als WM-Maskottchen vorstellen?

Nein.

Warum nicht?

Weil bis dahin möglicherweise Berufsverbot gegen mich verhängt wird. Die gegnerische Mannschaft könnte sich durch mich schließlich genauso getäuscht fühlen wie durch den Ausruf „Meiner!“.

Wie ginge es ohne Fußball für dich weiter?

Dann hätte ich wohl keine Arbeit mehr. Bei über vier Millionen Erwerbslosen wäre das aber nichts besonderes. Schließlich ist der leistungsorientierte Fußball ein extrem kurzlebiges Geschäft. Auch für jemanden wie mich, der den Kickern eigentlich nur helfen will.

Wie sollen sich die Spieler denn ohne dich verständigen?

Die sind ja nicht blöd. Vielleicht spielen dann „Zosch“ oder „Mupp“ im Fußballer-Wortschatz eine Hauptrolle. In den Regeln sind ja nicht alle Begriffe aufgeführt, die auf dem Platz verboten sind. Das nutzen die Spieler natürlich konsequent aus.

Und du?

Vielleicht spiele ich dann auch nur noch vereinzelt in den unteren Spielklassen, wo vielleicht nicht ganz so beständig gepfiffen wird.

Fragen und Antworten:

Oliver Lück

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