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Trickst die Gewoba ihre MieterInnen aus?

■ Wohnungsbau-Unternehmen treibt mit Ermächtigungsklauseln Geld ein, kritisiert jetzt der Mieterschutzbund / Amtsrichter sind kritisch / Gewoba spricht von über 1.000 Gerichtsverfahren

Irina Ditz ahnte nichts Böses, als sie beim Auszug das Abnahmeprotokoll beim Hausmeister unterschrieb. Schließlich hatte er ihr versichert, daß „alles in Ordnung ist“. Doch dann verlangte die Gewoba plötzlich Geld: 600 Mark für einen neuen Herd und ein neues Waschbecken. Dafür habe sie doch eine entsprechende Verpflichtung bei der Wohnungsabnahme unterzeichnet, ließ die Gewoba sie wissen. Jetzt fühlt sich Irina Ditz „getäuscht“ – und nicht nur sie. Der Mieterschutzbund berichtet von „unzähligen weiteren Fällen“. Die Wohnungsabnahme-Praxis der Gewoba sei ein „Unding“.

Die Kritik vom Mieterschutzbund klingt hart: Die Gewoba „nutzt bewußt die Unwissenheit ihrer Mieter aus“, sagt Mieterschützer Gert Brauer. Auch beim Bremer Amtsgericht ist die Wohnungsbaugesellschaft schon negativ aufgefallen. Richter Manfred Kelle berichtet „von vielen Verfahren“. Im Richterkollegium werde die Wohnungsabnahmepraxis schon länger kritisch diskutiert. Der Hauptpunkt dabei: die Wohnungsabnahme-Protokolle. Der Hausmeister kreuzt darauf sämtliche Mängel an und läßt das Protokoll anschließend vom Mieter unterschreiben – davor hat er jedoch laut Mieterschutzbund ein Kreuzchen neben einem kleingedruckten Text gemacht. Mit dieser Ermächtigungsklausel verpflichten sich die MieterInnen, Renovierungen auf seine Kosten durchführen zu lassen.

„Diese Abnahme wird oft zwischen Tür und Angel gemacht“, sagt dazu Gert Brauer vom Mieterschutzbund. Die MieterInnen seien auf „Gedeih und Verderb dem Hausmeister ausgeliefert“. Es sollen gar Gerüchte kursieren, wonach die Hausmeister Prämien für möglichst hohe Protokollsummen kassierten. Beim Amtsgericht heißt es dazu: „Der Mieter überblickt oft nicht, was er unterschreibt“, so Richter Kelle, „er geht davon aus, daß er lediglich die Mängel der Wohnung bestätigt.“

Die Folgen können teuer sein: So berichtet der Mieterschutzbund von Fällen, in denen die Gewoba bis zu 14.000 Mark Renovierungskosten per Gericht eintreiben wollte – weil sie externe Firmen beauftragte. Dabei hätte der Mieter, hätte er die Ermächtigung durchblickt, lieber selber zum Pinsel gegriffen. Oder aber die Gewoba verlange per Protokoll auch Schönheitsreparaturen, die gar nicht im Vertrag stünden – wie z.B. das Streichen von Balkonen. Die meisten Fälle gingen dann mit einem Vergleich aus – wie auch bei der Mieterin Irina Ditz. Denn wer unterschrieben hat, dem fällt auch die komplette Beweislast zu.

All diese Vorwürfe weist die Gewoba aber zurück. „Von Austrickserei kann keine Rede sein“, sagt Prokurist Peter Bozetti. Bei den Abnahmen würden die Mieter über alles informiert. Außerdem seien nicht viele Fälle vor Gericht. Schließlich hätte die Gewoba 43.000 Mieter. Wenn davon 1.000 pro Jahr vor Gericht landen, sei das „zwar für das Gericht viel, aber nicht für uns als Vermieter“. Die aufgezählten Fälle seien „ausgesprochene Einzelfälle“. Nur etwa zehn Prozent aller Auszüge seien „problematisch“. Die Ermächtigungsklauseln gebe es seit Jahren. Daran werde sich nichts ändern, so Prokurist Bozetti.

Wegen der Vielzahl der Fälle hatte der Mieterschutzbund schon Kontakt zum Bauressort gesucht. Doch die Behörde wehrt jegliche Einflußnahme ab: „Was die Gewoba macht, ist deren private Geschäftstätigkeit“, sagt Bau-Sprecher Thomas Wedrich. Bremen halte nach der Privatisierung nur noch 25 Prozent der Wohnungsbau-Gesellschaft. Katja Ubben

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