: Zwei Jahre Haft für Überfall auf Ghanaer
■ Landgericht: Neonazi war vermindert schuldfähig wegen starken Alkoholkonsums
In einem Berufungsprozeß hat die 18. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts gestern die Verurteilung eines 21jährigen Neonazis wegen Volksverhetzung, Mißhandlung und Beleidigung eines Afrikaners bestätigt. Mit zwei Jahren Jugendstrafe ohne Bewährung erhielt der Angeklagte jetzt sechs Monate Strafrabatt. Aus erzieherischen Gründen solle ihm „die letzte Chance gegeben werden, seine Gesinnung zu ändern“, sagte die Richterin.
Der damals bekennende Neonazi hatte am 3. April frühmorgens an einer Bushaltestelle in Pankow völlig grundlos auf einen Schwarzafrikaner eingeschlagen, ihn mit Bierflaschen beworfen, als „Nigger“ und „Bimbo“ beschimpft und den zu Boden gestürzten Mann mit seinen Springerstiefeln traktiert. Der Maurer aus Ghana, der seit über 20 Jahren in Deutschland lebt, erlitt Prellungen und eine blutende Wunde an der Hand.
Das Gericht ging von einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten wegen Alkoholkonsums aus. Mit einem Gesinnungsgenossen hatte er die Nacht durchzecht. Der tatbeteiligte Freund war vor dem Schöffengericht im Mai wegen fahrlässigen Vollrausches zu drei Wochen Dauerarrest verurteilt worden.
Die Richter hatten seinerzeit Ausländerhaß und eine festgefügte rechtsgerichtete Überzeugung bei dem Ostberliner festgestellt. Damals hatte sich der Vorbestrafte zum „Herrenrassen-Gedanken“ der Nationalsozialisten bekannt. Inzwischen bezeichnet der Angeklagte sein Verhalten als „Dummheit“, bedingt durch Alkohol und falsche Freunde. Seine Ansätze zum Umdenken reichten den Berufungsrichtern nicht, die von der Verteidigung beantragte Haftverschonung zu gewähren. Ein Rückfall sei nicht ausgeschlossen, hieß es in der Urteilsbegründung. Da Staatsanwalt und Verteidigung auf Rechtsmittel verzichteten, geht der Angeklagte aus der Untersuchungshaft in den Strafvollzug.
Im November 1997 war der Neonazi zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Er hatte zwei Punkerinnen die Haare abgeschnitten. dpa, ADN
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