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Heftige Proteste gegen Mehmets Ausweisung

■ Ablehnungsfront reicht von sozialdemokratischen Juristen bis zu grünen Europaparlamentariern. Ausländerbeiräte: „ungeheuerliches Exempel statuiert“

Berlin (taz/dpa/AFP) – Scharfe Kritik, zum Teil Empörung hat der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts zur Ausweisung des „Mehmet“ genannten türkischen Jugendlichen samt seinen Eltern hervorgerufen. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen glaubt, durch das Vorgehen der Behörden werde „das Verfassungsinstitut Familie demontiert“. Artikel 6 des Grundgesetzes gebe der Familie als Gemeinschaft von Eltern und Kindern zentralen Schutz, der allen und nicht nur Deutschen zustehe. Im Fall „Mehmet“ seien die Eltern „benutzt“ worden, nur damit der Sohn zwangsweise außer Landes geschaft werden könne.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Bayern rügte gestern den Entscheid des Verwaltungsgerichts: „Im Zuge des Wahlkampfs wird jetzt mit richterlicher Absegnung ein ungeheuerliches Exempel statuiert“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende, Mitra Sharifi, gestern in Bamberg. Der Rat türkischer Staatsbürger in Deutschland forderte, das Urteil des Münchener Gerichts vom Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Bis zu dessen Urteil solle Mehmet nicht ausgewiesen werden. Das Münchener Urteil ist nach Ansicht des Rates für den Umgang mit der Jugendkriminalität weder „problembezogen noch zukunftsorientiert“. Auch Rechtsexperten sehen für „erzieherisches Versagen der Eltern“ von Mehmet keinen Ausweisungsgrund. „Mir fällt beim besten Willen nicht ein, wie das begründet werden sollte“, erklärte die Richterin am Berliner Verfassungsgericht, Veronika Arendt-Rojan. Einen Straftatbestand für vernachlässigte Elternpflichten gebe es nicht.

Die Grünen im Europäischen Parlament nannten das Urteil einen „juristischen Fußtritt“, mit dem das Gericht die „Hetze der CSU gegen Ausländer abgesegnet hat“.

Bernadette Hetier von der MRAP (Bewegung gegen Rassismus und für Freundschaft unter den Völkern), eine der drei großen antirassistischen Organisationen Frankreichs, hält gegenüber der taz den Beschluß für unvereinbar mit der europäischen Konvention für Menschenrechte. Hetier fragt: „Glaubt das Gericht denn etwa, daß die kollektive Ausweisung eine Form darstellt, das Recht auf ein Familienleben zu respektieren, wie es Artikel 8 der Konvention fordert?“

Verletzt sieht die MRAP auch die Internationale Konvention für die Rechte des Kindes: „Zweifellos wird die Entscheidung des Gerichts diesen Minderjährigen und seine Eltern wie ein Bann treffen, denn obgleich diese Familie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, sind ihre Bindungen an die Gesellschaft Deutschlands so stark, daß es de facto eine wirkliche Heimat darstellt.“ CS

Tagesthema Seite 3

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