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Schon in fünf Bezirken gilt eine Haushaltssperre

■ Bezirke fürchten Millionendefizite wegen steigender Personalkosten und Sozialhilfeausgaben

Nach den Bezirken Treptow, Mitte, Hohenschönhausen und Prenzlauer Berg hat nun auch Friedrichshain eine Haushaltssperre verhängt. Die Bezirke wollen damit versuchen, millionenschwere Haushaltslöcher noch abwenden. Es werden nur noch „unabweisbare Ausgaben“ getätigt.

Probleme bereiten den Bezirken vor allem die gestiegenen Ausgaben bei der Sozialhilfe. In Hohenschönhausen rechnet der Leiter des Haushaltsamtes, Lothar Petzold, in diesem Jahr mit 20 Millionen Mark Mehrausgaben. Selbst wenn die Senatsfinanzverwaltung wie bisher 90 Prozent dieser Summe am Ende des Jahres übernehmen würde, bliebe eine Lücke von zwei Millionen Mark. Ob die Finanzverwaltung einen Teil dieser Haushaltsüberschreitungen abfedert, entscheidet sich allerdings erst im März nächsten Jahres. „Das hängt vom Gesamtergebnis des Haushalts ab“, erklärte gestern Barbro Dreher, Referentin von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD).

Den zweiten großen Brocken macht die 1,5 prozentige Tariferhöhung im öffentlichen Dienst aus, die nicht im Globalsummenhaushalt der Bezirke berücksichtigt wurde. Auf die Bezirke entfallen insgesamt 37 Millionen der 109 Millionen Mark Mehrkosten. So muß Prenzlauer Berg 1,6 Millionen Mark zusätzlicher Personalausgaben abfedern. „Dabei haben wir schon im letzten Jahr die Personalmittel überzogen“, sagt Bezirksbürgermeister Reinhard Kraetzer (SPD). Eine Haushaltssperre sei in Prenzlauer Berg de facto aber schon zu Beginn der letzten beiden Jahre verhängt worden.

In Hohenschönhausen könnten die Personalkosten nach einer Hochrechnung am Jahresende um 10,5 Millionen Mark überschritten werden. Insgesamt rechnet Haushaltsamtsleiter Petzold mit einem Defizit von 36 Millionen Mark. Nachdem der Bezirkshaushalt im vorigen Jahr bereits mit einem Fehlbetrag von 1,8 Millionen Mark abschloß, wollte man mit der Haushaltssperre in diesem Jahr rechtzeitig gegensteuern.

Denn die Fehlbeträge müssen in den übernächsten Haushalt übernommen werden, der Spielraum in der Zukunft wird damit immer enger. Und in die Bezirksehe mit Lichtenberg im Jahr 2001 will Hohenschönhausen schließlich keine Schulden einbringen.

Der bündnisgrüne Haushaltsexperte Burkhard Müller-Schoenau kritisierte gestern die Senatsfinanzverwaltung. Sie habe bei der Aufstellung des Haushalts absehbare Mehrbelastungen der Bezirke „bewußt ignoriert“, um so eigene Einsparungen vermeiden zu können. Der bündnisgrüne Abgeordnete bemängelte, daß der Ausgleich der außerplanmäßigen Sozialhilfeausgaben für die Bezirke nicht nur kompliziert und willkürlich sei, sondern auch zu spät komme. Müller-Schoenau forderte, künftig die Höhe der Sozialhilfezuweisung an die Bezirke von der Zahl der Sozialhilfeempfänger abhängig zu machen. Dies lehne die Finanzsenatorin aber weiterhin ab. Dorothee Winden

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