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Borttschellers Worte zum GeiseldramaCDU-Innensenator: Gangster erschießen

■ Bremer Polizei schlecht ausgestattet / Borttscheller hat Sparquote vergessen

Ein „heilloses Chaos“ im Funkverkehr habe es beim Gladbecker Geiseldrama gegeben, erinnert sich Bremens heutiger Innensenator Ralf Borttscheller (CDU). „Die Einsatzleitung in Bremen war von allen am schlechtesten informiert“, sagt Borttscheller. Er war damals innenpolitischer Sprecher der CDU und gehörte dem Untersuchungsausschuß an.

„Wir mußten seinerzeit zahlreiche Bänder zum Funkverkehr abhören“, erinnert er sich. „Die Funkgeräte waren zum Teil mit denen der Polizei in Niedersachsen nicht kompatibel.“ Und er bedauert, daß der polizeiliche Funkverkehr auch heute noch „alles andere als modern“ ist. „Teilweise werden noch Geräte von damals eingesetzt.“

Borttscheller selbst hatte der Bremer Polizei allerdings im April eine Sparquote von 2,8 Millionen Mark verordnet. Um die Einsparungen für 1998 zu gewährleisten, wurden unter anderem zehn Prozent aller Telefone und ein Viertel aller Handies abgemeldet. „Die Kriminellen sind heute schon besser ausgestattet als die Polizei. Die haben bessere Funkgeräte und Handies als wir“, stöhnte Manfred Offermann, Vorsitzender des Personalrates der Polizei damals. Die Antwort aus dem Innenressort fiel knapp aus. „Das ist sicherlich so“, räumte Borttscheller-Sprecherin Stoltenberg ein. „Aber die sind finanziell auch besser ausgestattet.“ Borttscheller hat bei der Bremer Polizei im April – a la Borttscheller – bei dieser Gelegenheit erneut kritisiert, daß in Bremen keine rechtliche Möglichkeit zum „finalen Rettungsschuß“ existiert. „Es gab eine Chance, Rösner und Degowski mit Schüssen zu treffen.“ Aber wegen der fehlenden Rechtsgrundlage habe man sie nicht erschießen können, so der Senator. „Wenn wir heute wieder in eine solche Lage kommen, haben wir das gleiche Manko. Es gibt entgegen meinen Empfehlungen noch immer keinen finalen Rettungsschuß im Bremer Polizeigesetz“, betonte der Innensenator.

Das Gladbecker Geiseldrama vor zehn Jahren war jedenfalls „das prägnanteste kriminelle Delikt nach dem Kriege in Deutschland“. Das sagt heute Bernd Meyer, damals sozialdemokratischer Innensenator in Bremen und nur wenige Monate später „politisches Opfer“ der Gangster. Meyer gründet seine Einschätzung nicht auf die Zahl der Opfer, sondern auf die öffentliche Begleitung durch die Medien: „So etwas hatte es vorher noch nicht gegeben“, sagt Meyer, heute Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen. Am 20. November 1988 war er als Konsequenz der polizeilichen Fehler während der Geiselnahme von seinem Amt zurückgetreten. „Ich wollte Druck von der Polizei wegnehmen, die mit ihren handwerklichen Fehlern in schärfster Kritik stand.“ Es habe ein politisches Signal gesetzt werden müssen, um wieder ein Vertrauensverhältnis zur Polizei aufzubauen. Meyer ist überzeugt: „Das ist durch meinen Rücktritt schlagartig gelungen.“ Außerdem, so Meyer: „Damals war die Landesregierung in einer schwierigen politischen Situation, die mit dem Geiseldrama nichts zu tun hatte.“ Es habe „intensive Schwierigkeiten“ bei der Aufteilung des Senatsressorts gegeben. „Das war eine kritische Gesamtphase. Und da habe ich dann gesagt, ich mache jetzt hier einen Strich.“ taz/dpa

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