■ Zwischen Philharmonie und Konzerthaus
: Orchester auf einen Blick

BPO, BSO, DSO, RSB, SOB – in diesem Gewirr der Abkürzungen findet sich selbst der geübte Konzertbesucher kaum zurecht. Verwechslungen sind an der Tagesordnung – und manchem der anderen Orchester mag es nicht ungelegen sein, ab und an mit den weltberühmten Philharmonikern verwechselt zu werden.

Der Überblick fällt am leichtesten, wenn man die Ensembles fein säuberlich nach Ost und West trennt – schließlich haben die Jahrzehnte der Teilung die heutige Orchesterlandschaft geformt. Läßt man die drei Opernorchester beiseite, bleiben fünf reine Konzertorchester.

Auf der höchsten Wolke im Berliner Klanghimmel spielt seit je das Berliner Philharmonische Orchester (BPO), das sich auf den Hüllen seiner zahlreichen CD-Aufnahmen „Berliner Philharmoniker“ nennt. Seit 1882 unter diesem Namen konzertierend, verfügt es seit 1963 wieder über das Privileg eines eigenen Hauses – Hans Scharouns Philharmonie am Kulturforum. Mit 128 Planstellen ist es das größte reine Konzertorchester der Stadt. Mit 24 Millionen Mark jährlich subventioniert das Land das Orchester und die beiden Konzertsäle. Hinzu kommen eigene Einnahmen in gleicher Höhe aus Eintritt und Vermietung. Chefdirigent ist seit 1990 Claudio Abbado.

Im Konzert der deutschen Rundfunkorchester belegt das ebenfalls in der Philharmonie konzertierende Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) traditionell einen der vorderen Plätze. 1946 als RIAS-Symphonie-Orchester gegründet und später in Radio-Symphonieorchester Berlin umbenannt, erhielt es nach dem Fall der Mauer den neuen Namen, um Verwechslungen mit den Ostberliner Rundfunkorchestern zu vermeiden. An seinem Pult standen so illustre Chefdirigenten wie Ferenc Fricsay, Lorin Maazel, Riccardo Chailly und – seit 1989 – Vladimir Ashkenazy. Ständiger Gastdirigent ist Günter Wand. Bei 112 Planstellen erhält das DSO von Bund, Land, Deutschlandradio und SFB knapp 18 Millionen Mark im Jahr.

Das Aschenputtel unter den Westberliner Orchestern sind die Berliner Symphoniker (SOB), deren Abkürzung noch auf den alten Namen „Symphonisches Orchester Berlin“ zurückgeht – aus nicht nachvollziehbaren Gründen glaubte das Orchester, der neue Name verringere das Risiko, mit dem (Ost-)Berliner Sinfonie-Orchester verwechselt zu werden. Westberliner Musiker aus Ostberliner Orchestern hatten das SOB nach dem Mauerbau gegründet. Mit weniger als 70 Planstellen und nur sechs Millionen Mark jährlicher Subventionen ist es das mit Abstand preiswerteste Orchester der Stadt. Es tritt abwechselnd in der Philharmonie und im Schauspielhaus auf.

Das Berliner Sinfonie-Orchester (BSO), einst Renommierensemble der Hauptstadt der DDR, besitzt mit dem 1984 wiedereröffneten Schauspielhaus einen eigenen Konzertsaal – sozusagen das Ostberliner Gegenstück zur Philharmonie. Daß es vor einigen Jahren in „Konzerthaus“ umbenannt wurde, entspricht zwar seiner Funktion, hat aber wie die anderen Namenswechsel die Orientierung nicht gerade vereinfacht. Mit rund 22 Millionen Mark ist der Zuschuß für das Konzerthaus zwar fast so hoch wie für die Philharmonie – doch geringere Einnahmen und höhere Fixkosten für eine überbesetzte Verwaltung lassen den Honorartopf für Gastdirigenten und Solisten bedenklich zusammenschrumpfen. Dennoch ist das Stammpublikum dem Haus treu geblieben: Bei der Zahl der Abonnenten übertrifft das BSO sogar die Philharmonie, der es auch bei der Auslastung nahekommt – allerdings bei wesentlich weniger Plätzen.

Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) wurde 1923 als erstes deutsches Rundfunkorchester gegründet. Im Kreis der vielen Nachahmer andernorts belegt es durchaus einen respektablen Platz, steht aber in Berlin ein wenig im Schatten des renommierteren DSO – zumal der Name des gestrengen Chefdirigenten Rafael Frühbeck de Burgos nach einer glanzlosen Amtsperiode als Generalmusikdirektor der Deutschen Oper ein wenig in Verruf geraten ist. Nach dem Krieg im Osten beheimatet, konzertiert es im Schauspielhaus. Mit Planstellen und Finanzen ausgestattet wie das DSO, hat es bei etwas weniger Konzerten deutlich weniger Besucher. rab