: Marktforschung
Die autoerotische Frau ist monogam. Äußerst selten hört man sie sagen: „Er gefällt mir einfach nicht mehr.“ Viele Frauen suchen den „Vibrator fürs Leben“, verrät die Sexspielzeugverkäuferin Tanja Friedenstab* aus Bremen. Fängt der teure Gefährte aber schon in den ersten Monaten an zu wimmern und sich zu verweigern, gilt wie beim Pürierstab halbjähriges Umtauschrecht.
Bei der Wahl ihres Lieblings gehen Frauen hauptsächlich nach ästhetischen Gesichtspunkten vor, stellten alle befragten Händler fest. Keinesfalls sollte er der Besitzerin peinlich sein, etwa wegen einer ordinären Farbe wie Barbierosa oder dicker Krampfadern.
Witzige Typen sind sehr beliebt, sie dürfen auch manchmal blau sein – wie Flipper, der schmunzelnde Delphin, dieses Jahr auch Symbol des Katholikentages. Der Renner sind sogenannte rotierende „Madonnen“ mit Kitzler-Kitzler am Fuß.
Damen jenseits der Vierzig nähern sich dem Objekt ihrer Begierde oft als „Freundin der Freundin“ getarnt, „junge Frauen sagen geradeaus, was sie wollen“, erzählt Linda Schenk über ihre Kundinnen im Good Vibrations, Sexshop für Schwule, Lesben und Heteras in Berlin. Ob es für Lesben p.c. ist, sich patriarchale Geschlechtsprothesen umzuschnallen, sei für die Jüngeren längst kein Thema mehr: Was Spaß macht, ist in Ordnung. Die schamrot dickdarmwellige „Kleine Raupe Nimmersatt“ ist es wohl auch.
Wer denkt sich so was aus? Studenten. Unter anderen. Sie arbeiten zusammen mit freien Künstlern und Modellbauern, zum Beispiel bei fun factory, und entwerfen Dildos und Vibratoren zum Thema Sternzeichen. Die Widderfrau, bei der sich jetzt alles zusammenzieht, sei beruhigt. Wichtiges Kriterium für Dildodesigner ist „eine fließende Linie“, versichert factory-Boss Michael Pahl.
Mit einem lebensgroßen aufblasbaren Gummimann kann frau meist nichts anfangen. „Der steht bei uns schon ewig in der Ecke und wird langsam schmuddelig“, informiert das Bremer For Ladies. Um so mehr reüssieren Streichelhandschuhe aus Kaninchenfell oder eßbares Massageöl mit Schokopfefferminzgeschmack. Nach einer größeren Auswahl solcher Raffinessen sucht man in etablierten Läden wie bei Beate Uhse oder Dolly Buster vergeblich.
Deshalb und um als Frau beim Spielzeugkauf nicht von fordernden männlichen Triefaugen in die Lustgrottenecke gedrängt zu werden, gibt es Sexshops von Frauen für Frauen. Davon allerdings verschwindend wenig. Und daß Frauensexshops oft nach kurzer Zeit wieder schließen, läge weniger an mangelnder Nachfrage als an wirtschaftlichen Gründen wie falscher Finanzplanung, mutmaßt Michael Pahl von der fun factory.
Nichts Neues sagt die Statistik: Fast alle Frauen spielen lieber mit ihrem Lieblingsmenschen als mit Geräten, wobei eines das andere nicht ausschließt. Claudia Sudik
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