: UV-Strahlung gut dosieren
Wer zu lange in der Sonne badet, dem drohen schlimmstenfalls Entzündungen der Augen und Hautkrebs. Auch im Solarium wird die Hautstruktur verändert ■ Von Esther Kogelboom
Ob Copacabana oder Strandbad Wannsee – wer nicht nur im Wasser, sondern auch in der Sonne baden will, sollte seiner Haut zuliebe tief in den Cremetopf greifen. Andernfalls drohen vorzeitige Hautalterung, Sonnenbrand und schlimmstenfalls Hautkrebs. Kein zu unterschätzendes Risiko: Die Deutsche Krebshilfe prognostiziert, daß die Zahl der Hautkrebsfälle, die auf UV-Strahlung zurückgehen, in unseren Breiten jährlich um sieben Prozent steigen werden; das bedeutet den höchsten Zuwachs bei bösartigen Tumoren.
Nichts dazugelernt? Das bestreitet Dr. Matthias Schatz, Sprecher der Beiersdorf AG: „Das Bewußtsein unserer Kunden hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, sie greifen immer häufiger zu Sonnenschutzcremes mit hohen Lichtschutzfaktoren.“ Daß das erhöhte Hautkrebsrisiko und unser Schönheitsideal in direktem Zusammenhang stehen, weiß Dipl.- Ing. Rüdiger Matthes, Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz: „Im Laufe der letzten 50 Jahre hat sich in den weißhäutigen Bevölkerungsgruppen gesellschaftlich die Vorstellung entwickelt, daß Bräune ein Zeichen für gute Gesundheit sei.“ Dies habe dazu geführt, daß die „weißhäutigen Bevölkerungsgruppen zu übermäßigen Expositionen durch die Sonne und durch künstliche UV-Quellen“ neigen.
Das Bundesamt für Strahlenschutz betreibt seit 1993 gemeinsam mit dem Umweltbundesamt ein UV-Meßnetz. Mit dem Ziel, die „sonnenbrandwirksame Bestrahlungsstärke“ herauszufinden, wird in München, Offenbach, auf dem Schauinsland bei Freiburg und in Zingst an der Ostsee alle sechs Minuten die UV-Einstrahlung festgestellt. Daraus ergibt sich ein Service für alle Sonnenanbeter: der UV-Index (UVI). Die international einheitlich festgelegte Skalierung bewegt sich zwischen 1 und 12, wobei ein UVI von 5 in Berlin genauso zu bewerten ist wie in Melbourne. Die höchsten UVI- Werte in Deutschland betragen in dieser Jahreszeit etwa 8.
Gefährlich sind aber nicht alle ultravioletten Strahlen: Die UV- C-Strahlung wird komplett durch den in der Atmosphäre vorhandenen Sauerstoff und durch Ozon absorbiert, während die UV- B-Strahlung weniger effektiv und die UV- A-Strahlung in noch geringerem Maße von der Atmosphäre zurückgehalten werden. Treffen also UV-B- und UV-C-Strahlen auf die Haut, können sie unsere in den Hautzellen gelagerten Erbinformationen manipulieren und auf Dauer zu irreparabelen Mutationen führen. Aus angeborenen Pigmentmerkmalen („Muttermale“) kann sich so schwarzer Hautkrebs (maligne Melanome) entwickeln, neben Basalzellkarzinomen und Stachelzellkrebs die verbreiteste Hautkrebsart.
Sonneneinstrahlung kann nicht nur für das größte Sinnesorgan des Menschen schädliche Konsequenzen haben, auch die Augen leiden. Als akute Folgen intensiver Sonneneinstrahlung in reflektierender Umgebung, beispielsweise durch Schnee und Wasser, können Bindehautreizungen und -entzündungen sowie Hornhautentzündungen auftreten. Deswegen: Gute Sonnenbrillen sind nicht nur cool, sie schützen im Alter vielleicht sogar vor dem gefürchteten Grauen Star! Das weitverbreitete Gerücht, Solarien könnten eine gefahrlose Alternative zum ausgiebigen Sonnenbaden sein, weist die Deutsche Krebshilfe klar von der Hand. Es sei nicht erwiesen, daß die künstliche Sonne eine entschärfte Variante der natürlichen ist, heißt es in einer Broschüre zum Thema Hautkrebs. Der UV- B-Anteil der Strahler sei bei den meisten Geräten zwar reduziert, der UV-A-Anteil jedoch weit über das natürliche Maß erhöht worden: „Es gibt kein UV-Licht, das Bräune bewirkt, aber Hautveränderungen ausschließt.“
Besonders gefährdet nicht nur am Strand und Seeufer sind Kinder. Die Deutsche Krebshilfe rät, daß sie bis zu einem Alter von einem Jahr überhaupt nicht in die Sonne gehören, danach sollten Hände und Gesicht mit kindgerechtem Sonnenschutz eingerieben werden. Sonnendichte, weite Kleidung schützt die Haut am besten; Schuhe oder Strümpfe sollen den empfindlichen Fußrücken bedecken. Auch für Erwachsene ist wichtig, die Mittagssonne zwischen 11 und 15 Uhr unbedingt zu meiden. Der Lichtschutzfaktor der Sonnencreme muß dem Hauttyp entsprechen und die Creme mindestens 30 Minuten vor dem Sonnenbaden aufgetragen werden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann. Für Schwimmer und Badenixen gibt es wasserfeste Sonnenschutzmittel. Vorsicht ist auch bei Medikamenten geboten; sie können die Haut lichtempfindlicher machen. Zu bleibenden Pigmentflecken können Parfums und Deodorants führen.
Trotz allem: Zu den positivsten Wirkungen des Sonnenlichts auf den Menschen gehören die psychosomatischen Einflüsse. Das weiß jeder, der unter Winterdepressionen leidet. Darüber hinaus löst die UV-B-Strahlung in der haut die Produktion des Provitamins D3 aus, das den Aufbau und Erhalt des Knochengewebes fördert. Auch bei Schuppenflechte und Neurodermitis kann ein Bad in der Sonne helfen.
In der Broschüre „Der kleine Sonnenreiseführer“ ist nachzulesen, wie man einen Sonnenbrand vermeiden kann. Besonders wichtig ist eine vernünftige Bekleidung. „Anziehen und eincremen“ heißt die Devise. Empfohlen werden sonnendichte Kleidung und eine Kopfbedeckung. Die Broschüre kann über die „Deutsche Krebshilfe“, Postfach 1467, 53004 Bonn, oder die „Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention“, Postfach 100745, 20005 Hamburg, kostenlos bezogen werden.
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