: Unterm Strich
Beutekunst und keine Ende, diesmal auf südeuropäisch bzw. kleinasisch: Die Türkei verlangt von der Bundesrepublik die Rückgabe bedeutender antiker Kunstschätze. Das gelte für den sogenannten Schatz des Priamos, über den sich Deutschland derzeit noch mit Rußland streitet, und auch für den Pergamon-Altar in Berlin, sagte der türkische Kulturminister Istemihan Talay am Mittwoch. „Unsere Position ist die, daß alle Kunstschätze, die ohne Genehmigung außer Landes geschafft wurden, zu ihrem Ursprungsort zurückgebracht werden sollen“, sagte der sozialdemokratische Politiker. Für die kommenden beiden Jahre plant Ankara Ausstellungen mit Kunstschätzen aus dem antiken Troja in der Bundesrepublik, um die Deutschen von der Notwendigkeit einer Rückgabe zu überzeugen. Den Schatz des Priamos hatte der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann in den Jahren nach 1870 im antiken Troja in der heutigen Westtürkei ausgegraben und nach Berlin gebracht. Kulturminister Talay wandte sich dagegen, von einem „Schliemann-Schatz“ zu sprechen: „Schliemann war lediglich der Mann, der der Türkei den Schatz gestohlen hat.“ Wenn Deutschland im Streit mit Rußland den Standpunkt vertrete, daß der Schatz widerrechtlich nach Moskau gebracht worden sei, müsse es auch akzeptieren, daß die Kostbarkeiten zuvor illegal nach Berlin gekommen seien. „Schmuggel ist Schmuggel, ob er nun von einem Deutschen begangen wurde oder von einem Russen.“ Nach dem Willen der Türkei soll die Bundesrepublik auch den Pergamon-Altar zurückgeben, der sich im gleichnamigen Museum in Berlin befindet. Der Altar war ähnlich wie der Schatz des Priamos im 19. Jahrhundert von Deutschen in der heutigen Westtürkei ausgegraben und nach Berlin gebracht worden. Im Mai hatte der Bürgermeister der türkischen Stadt Bergama in der Nähe des antiken Pergamon erklärt, er habe 20 Millionen Unterschriften gesammelt, um die Forderung nach Rückgabe des Altars an die Türkei zu untermauern. Gerichtliche Auseinandersetzungen in diesen Fragen seien „immer möglich“, würden aber derzeit nicht angestrebt, sagte Minister Talay. Bei dem Versuch, die Rückgabe antiker Kostbarkeiten zu erreichen, weiß die Türkei sogar Griechenland an ihrer Seite. „Wir sind zwei Länder, die ihre Schätze verloren haben“, sagte Talay.
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