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Senat versteckt Museumsinsel vor Unesco

■ Um geplante Umbauten auf der Museumsinsel nicht zu gefährden, will der Senat den Antrag auf Aufnahme ins Weltkulturerbe der Unesco stoppen. Auch Neubaupläne gegenüber dem Bodemuseum gefährden die Aufnahme

Kein Fettnapf ist zu groß, als daß der Senat nicht hineintreten würde. Nach Informationen der taz plant der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), den erst im Juni gestellten Antrag auf Aufnahme der Museumsinsel in die Weltkulturerbe-Liste der Unesco zu stoppen. Ein entsprechender Briefentwurf Diepgens an Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) liegt in der Senatskanzlei vor. Begründet wird dieses Ansinnen damit, Versäumnisse bei der Antragstellung nachzutragen. Dahinter verbergen sich die Pläne der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und von Kultursenator Peter Radunski (CDU), die museale Konzeption vor allem des Pergamonmuseums erheblich zu verändern.

Der Landesdenkmalrat protestierte gestern entschieden gegen die Pläne des Senats. Nach Ansicht der stellvertretenden Vorsitzenden des Denkmalrates, Simone Hain, würde ein Antrag auf Nachbesserung aus der Erfahrung mit ähnlichen Fällen bedeuten, daß die Einstufung für immer geplatzt sei. Hain weiter: „Die völlig unverständliche Absicht gibt Anlaß zur Befürchtung, daß damit umfassenden Umgestaltungsabsichten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Tür und Tor geöffnet werden sollen.“ Nach Darstellung des Denkmalrates soll im Pergamonmuseum nicht nur die historische Präsentation des Ischtar-Tores verändert werden, sondern auch der Pergamon-Altar mit einer gläsernen Konstruktion versehen werden. Damit soll den Besuchern der Eindruck vermittelt werden, sich unter freiem Himmel zu befinden. Der Pressesprecher der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Wolfgang Kahlcke, wollte gestern zu dem Vorgang nicht Stellung nehmen.

Mit dem Wunsch auf Nachbesserung des Unsesco-Antrags ist der Konflikt zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Denkmalpflege erneut ausgebrochen. Bereits zu Beginn des Jahres hatte sich die Stiftung in der Frage der Restaurierung des Neuen Museums nach einer Intervention des Denkmalrates für den Entwurf des Architekten Chipperfield aussprechen müssen. Chipperfield steht, anders als der von der Stiftung bevorzugte Entwurf Frank Gehrys, für einen denkmalgerechten Umgang mit dem Stüler-Bau.

Doch nicht nur von seiten des Senats droht der ersten Aufnahme Berlins in die über 500 Titel umfassende Liste der Unesco das Aus, sondern auch durch den Bezirk Mitte. Gegenüber dem Bodemuseum plant der Bezirk nämlich, einen 2.000 Quadratmeter umfassenden Bau von Wohnungen und Büros zu genehmigen. Mit diesen Plänen der Investoren CTI und HPMG würde nicht nur der Spreeuferweg zugebaut, sondern auch die Sichtachse zur Museumsinsel versperrt. Die Denkmalschützerin Simone Hain: „Damit rennt Berlin unversehens in einen Konflikt wie beim Potsdam-Center.“ Wohl wahr: Im Unesco-Antrag für die Museumsinsel wurde der gegenüberliegende Monbijoupark nämlich ausdrücklich als nicht zu bebauende „Pufferzone“ ausgewiesen. Uwe Rada

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