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■ Katholische Bischöfe zur Wahl: Scheinheilige Hilfe für die CDUNebelkerzen mit Weihrauchduft

„Dein Ja sei ein Ja, und dein Nein sei ein Nein“, heißt es in der Bibel: Christen sollen Tacheles reden. Doch beim Hirtenwort der katholischen Bischöfe zur Wahl werfen die Oberhirten Nebelkerzen mit Weihrauchduft, statt für Klarheit zu sorgen. Sie trauen sich nicht, ihre Kritik an den sogenannten christlichen Parteien auch vor der Wahl durchzuhalten.

Vorbei sind die Zeiten, als besonders die katholische Kirche meinte, ihre unmündigen Schäfchen mit einem direktem Wahlaufruf zugunsten der CDU/ CSU in die Wahlkabinen zu treiben. Zu sehr ist inzwischen das katholische Milieu zerbröselt, zu pluralistisch sind die geschrumpften Gemeinden, als daß der kirchliche Segen den C-Parteien entscheidend nützen könnte. Doch die Zurückhaltung der Kirchen geht nicht nur auf ihren schwindenden Einfluß zurück. Die Kirchen merken auch, daß ihre politischen Äußerungen für die Bonner Koalition keine Wahlkampfhilfe wäre. Der Aufruf zur Wahl ist deshalb scheinheilig. Denn er schiebt marginale Kritik an SPD und Grünen in den Vordergrund, um die grundsätzliche Kritik an der Regierung zu verdecken.

Denn nach 16 Jahren Kohl findet sich selbst die katholische Kirche im Gegensatz zu den C-Parteien. Dennoch geißeln sie nicht, wie etwa im Wahlkampf 1980, die hohe Staatsverschuldung – denn die hat ja ein christsozialer Finanzminister mitverursacht. Die „geistig-moralische“ Wende hat in eine Gesellschaft geführt, wie sie sich die Katholiken nicht wünschen. Und so holen die Kirchenfürsten zur Wahl noch einmal die alten Feindbilder heraus: Sie wettern gegen die Gleichstellung der Homo-Ehe – um nicht darüber predigen zu müssen, daß sich die Lage der Familien unter der Regierung Kohl verschlechtert hat, wie die kirchliche Sozialarbeit täglich spürt. Sie reden davon, Deutschland brauche „auch in Zukunft“ eine ausländerfreundliche Politik – als habe es in der Vergangenheit nicht auch von Laienchristen, Priestern und Bischöfen massive Kritik an der Ausländerpolitik und der Abschiebungspraxis gegeben. Sie erklären, der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt sei sichtbar – um nicht an ihr „Wort zur sozialen Lage“ aus dem Vorjahr erinnern zu müssen, das der Regierung faktisch das Versagen auf dem Arbeitsmarkt und den Vorrang des Kapitals vor der Arbeit bescheinigte. Im kleinen Kreis bestätigen Kirchenmänner gern, daß ihre Vorstellungen einer gerechteren Gesellschaft sich mit der Politik aus Bonn schon lange nicht mehr decken. Der Mut, das von der Kanzel und vor der Wahl zu verkündigen, fehlt ihnen. Bernhard Pötter

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