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Bundestagswahl hemmt Solarbranche

■ Weil sie von einem Regierungswechsel neue Förderprogramme erhoffen, warten potentielle Käufer von Solaranlagen erst einmal ab

Freiburg (taz) – Die bevorstehende Bundestagswahl liegt der Solarbranche schwer im Magen. Potentielle Käufer warten offenbar erst einmal ab, wer als Sieger aus der Bundestagswahl hervorgeht – bei Rot-Grün hoffen sie auf neue Förderprogramme. Für die Hersteller bedeutet das jedoch, daß sie das bislang schwache Jahr 1998 fast ganz vergessen können.

1997 hatte der Photovoltaikmarkt geboomt. Anlagen für 13,7 Megawatt wurden in Deutschland installiert, 56 Prozent mehr als 1996. Zumindest ähnliche Werte hatte man auch für 1998 prognostiziert. Doch der Markt entwickelte sich anders: Die Verkaufszahlen brachen ein. Branchenkenner, wie Andreas Pawlik, Marketingleiter der Deutschen Shell Photovoltaik, gehen davon aus, daß 1998 allenfalls acht Megawatt verkauft werden: „Die Lager sind voll.“

Die Flaute hat einen Grund: Bund und Länder haben die Zuschüsse für Solaranlagen in diesem Jahr praktisch auf Null reduziert. Viele Hausbesitzer können nichts anderes tun, als auf Förderprogramme einer rot-grünen Bundesregierung zu warten. Sven Krug von der Firma IBC-Solartechnik im oberfränkischen Staffelstein sieht den „Faktor Politik“ als Verkaufshemmnis: „Tut sich was in der Politik oder nicht – das ist für potentielle Käufer die entscheidende Frage.“

Nachdem im vergangenen Jahr knappes Silizium auf dem Weltmarkt zu Versorgungsengpässen geführt hatte, läge ein Preisrutsch in diesem Jahr nahe. Doch trotz der vollen Lager tut sich nichts. „Die Händler können schließlich nicht unter ihre Einkaufspreise gehen“, sagt Pawlik. Auch die Währungsschwankungen tun ein übriges: „Die Solarbranche rechnet meistens in Dollar ab“, erklärt der Freiburger Solarfabrikant Georg Salvamoser. Daher habe der Anstieg der US-amerikanischen Währung alle Preissenkungen wieder aufgezehrt. Eine Preiserhöhung der Hersteller vom Jahresbeginn sei durch die sinkende Nachfrage wieder kompensiert worden, berichtet Hans Jacobs, Geschäftsführer der Firma Solara in Hamburg.

Langfristig, daran zweifelt in der Branche niemand, werden die Preise aber deutlich nachgeben. „Wir rechnen mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang der Preise um sechs Prozent“, sagt Pawlik. Schließlich werde auch hier die Produktion immer rationeller. Ein Spotmarkt, also ein Verkauf von Produkten zu Tagespreisen, wie der Computermarkt ihn kennt, sei nicht zu erwarten.

Die jetzige Situation macht gerade kleinen Betrieben zu schaffen. „Einige Händler werden auf der Strecke bleiben“, prophezeit Pawlik. Das sei absehbar gewesen, seit der Solarmarkt professioneller werde. Prognosen für 1999 wagt kein Branchenkenner, doch alle wissen, daß es nur besser werden kann. Auch Salvamoser glaubt fest an ein bundesweites Förderprogramm für Solarenergie nach der Bundestagswahl: „Das ist der Volkswille, und deshalb wird die Förderung kommen.“ Bernward Janzing

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