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Zwei neue Richter in Karlsruhe dürfen sich die roten Roben überstreifen

■ Lerke Osterloh und Siegfried Bross wurden in das Bundesverfassungsgericht gewählt. Grüner stimmte gegen Kandidaten

Karlsruhe (taz) – Wie erwartet wurden gestern morgen Lerke Osterloh und Siegfried Bross zu neuen BundesverfassungsrichterInnen gewählt. Da im Wahlgremium des Bundestags eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, hatten Union und SPD die Kandidaten bereits seit längerem ausgekungelt (taz vom 10. 8. 1998). Osterloh wurde von der SPD vorgeschlagen, Bross von der Union. Grünen-Vertreter Rezzo Schlauch stimmte (wie immer) gegen alle Kandidaten, weil seine Fraktion erneut bei der Entscheidungsfindung faktisch ausgeschlossen war.

Beide Neurichter sind eher unpolitische Karriere-Juristen. So wurde der heute 52jährige Bross schon mit 39 Jahren an den Bundesgerichtshof berufen und hält damit bis heute den Rekord als „jüngster BGH-Richter“. Zuvor war er schon einmal am Verfassungsgericht tätig. Von 1977 bis 1979 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den ebenfalls von der Union berufenen Richter Böhmer. Bross und Osterloh sind beide parteilos.

Die Frankfurter Universitätsprofessorin Lerke Osterloh hat eine geradlinige Hochschulkarriere hinter sich. Da sie sich in einem Grundgesetz-Kommentar für die Zulässigkeit von Frauen- Quoten aussprach, wurde sie schon als Feministin gehandelt. Dieser Einschätzung widerspricht Osterloh aber nachdrücklich. Immerhin bezeichnet sie sich als „eher liberal, aber nicht im Sinne der FDP“.

Neben dem Verfassungsrecht hat sich Osterloh vor allem mit dem Steuerrecht beschäftigt. Sie könnte damit in Karlsruhe Richter Paul Kirchhof beerben, der 1999 ausscheidet. Kirchhof hat mit den von ihm vorbereiteten Urteilen zur Zinsbesteuerung, zur Vermögenssteuer und zum Existenzminimum das deutsche Steuerrecht umgekrempelt. Eigentlich sollen sich Verfassungsrichter im Amt nicht mit ihren wissenschaftlichen Steckenpferden beschäftigen. Für den als dominant und konservativ geltenden Kirchhof war allerdings eine Ausnahme gemacht worden.

Eine ähnliche Ausnahme wird es bald für den Verfassungsrichter Winfried Hassemer geben. Wie zu hören war, darf der ehemalige hessische Datenschutzbeauftragte bald das Asylrecht abgeben und sich mit Strafverfahrensrecht beschäftigen. Während im Asylrecht in Karlsruhe eh nicht mehr viel zu holen ist, könnte der liberale Strafrechtler im Prozeßrecht einiges bewegen.

Ausscheiden werden für Osterloh und Bross die beiden Richter Konrad Kruis und Karin Graßhof, die im Zweiten Senat die politische Mittelposition innehatten. Die von der SPD nominierte Graßhof neigte oft zu konservativen Positionen, der CSUler Kruis überraschte häufig durch seine Liberalität.

Für die nächste Richterwahl ist der Bundesrat zuständig, nachdem die schwerkranke Richterin Helga Seibert (SPD) um ihre Entlassung aus dem Ersten Senat gebeten hat. Im nächsten Jahr werden neben Kirchhof (CDU-nah) auch noch Jürgen Kühling (SPD) und Dieter Grimm (SPD-nah) ausscheiden. Christian Rath

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