Baskenpartei beendet den Krieg

Herri Batasuna, der politische Arm der militanten ETA, heißt seit gestern Euskal Herritarrok. Für die baskischen Parlamentswahlen im Oktober stellt die neue alte Partei ein breites politisches Bündnis vor  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Mit der bedingungslosen Unterstützung des bewaffneten Kampfes lassen sich immer weniger Wählerstimmen gewinnen. Zu dieser Einsicht ist Herri Batasuna gekommen. Deshalb stellte gestern der politische Arm der baskischen Separatistengruppe ETA in Bilbao zusammen mit unabhängigen Persönlichkeiten aus dem baskischen politischen und kulturellen Leben die Wählervereinigung Euskal Herritarrok – Baskische Bürger – vor. Das Bündnis soll am 25. Oktober zu den baskischen Parlamentswahlen antreten. Statt der Verherrlichung des bewaffneten Kampfes wird sich Euskal Herritarrok die Suche nach einer Dialoglösung für den Konflikt um die baskische Unabhängigkeit auf die Fahne schreiben.

Herri Batasuna versucht mit diesem Schritt aus der Isolation zu kommen, in die die Linksnationalisten geraten waren, nach dem die ETA im letzten Jahr immer wieder Attentate gegen Gemeinde- und Stadträte der in Madrid regierenden Partido Popular (PP) verübt hatte. Immer mehr Menschen gingen in den letzten Monaten unter dem Motto „Basta ya!“ („Schluß jetzt!“) gegen die ETA auf die Straße. Auch die Justiz hatte Herri Batasuna zusehends ins Visier genommen. Vergangenen Dezember wurde der gesamte Parteivorstand wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu sieben Jahren Haft verurteilt. Und die Herri-Batasuna-nahe Tageszeitung Egin wird seit Juli durch einen richterlichen Bescheid am Erscheinen gehindert. Forderungen nach einem Verbot von Herri Batasuna wurden immer lauter. Mit Euskal Herritarrok wollen die Linksnationalisten jetzt auf die politische Bühne zurückzukehren.

Unter den über 100 Personen der Gründergruppe sind zahlreiche Vertreter von baskischen Organisationen, die seit letztem Herbst einen „Dritten Weg“ zwischen der Gewalt der ETA und staatlicher Repression suchen. Neben namhaften Vertretern der drei großen im Baskenland aktiven Gewerkschaften befinden sich ebenso Mitglieder von christlichen Basisgemeinden unter den Euskal-Herritarrok-Gründern, darunter auch der bekannte baskische Rockmusiker Fermin Muguruza. Auch Herri-Batasuna-Mitglieder, die wegen ihrer Kritik an der ETA an den Rand der Partei gedrängt oder gar ausgeschlossen wurden, fanden jetzt den Weg zu Euskal Herritarrok. Herausragendes Beispiel ist der Anwalt Inigo Iruin.

Die Öffnung von Herri Batasuna hatte sich bereits in der Sommerpause abgezeichnet. Die Linksnationalisten hatten sich mehrmals mit Vertretern der beiden im Baskenland regierenden Parteien – Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) und Baskische Alternative (EA) – getroffen, um einen Ausweg aus dem fast 40 Jahre dauernden bewaffneten Konflikt zu finden. Während Vertreter der spanienweit agierenden Parteien, der konservativen PP und der sozialistischen PSOE, diese Kontakte verurteilten, zeigt sich der EA-Vorsitzende Carlos Garaikoetxea optimistisch. Er will sogar über „objektive Daten“ verfügen, die „Anlaß geben, von einem Waffenstillstand seitens der ETA auszugehen“. Wenn dem so sei, will EA selbst ein Regierungsbündnis aller nationalistischen Parteien, Euskal Herritarrok inbegriffen, nicht ausschließen.