: Ein Buch fürs Enkelkind
Ob Rentnerin oder Studentin: Im „Schreiblabor“ lernen Frauen, Texte zu Papier zu bringen, ungehemmt von Schreibstörungen ■ Von Malte Weber
Zehn Minuten drauflosschreiben, egal was, dafür ununterbrochen – „Ankommübung“ nennt das Inge Rohwedder. Die 44jährige Wendländerin, ausgebildete Beraterin für Wissenschaftliches Schreiben, ist Initiatorin des „Schreiblabors für Frauen“, das nun ins zweite Semester gekommen ist. Vier verschiedene Kurse bietet Rohwedder, die sich vor fünf Jahren mit ihrer „Schreibwerkstatt“ selbständig machte, bei der „Kooperationsstelle Frauenstudien/Frauenforschung“ an.
„Wir wollen die Hochschule für Frauen öffnen und Studentinnen für die Prüfungen vorbereiten, damit sie mit gutem Gefühl zügig ihre Abschlußarbeit schreiben“, erklärt Dagmar Filter von der Kooperationsstelle, die das Schreiblabor organisatorisch betreut, die geschlechtsspezifische Begrenzung. Viele Frauen hätten zudem Hemmungen, sich in Gegenwart von Männern auszudrücken, gerade wenn es um sehr persönliche Lebensberichte oder um Probleme mit dem Schreiben gehe.
„Biographisches Schreiben“, „Schreiben in Studium und Beruf“, „Textsorten – Essays, Berichte, Protokolle“ und „Schreibstörungen“ heißen die Überschriften zu den jeweils an zwei Wochenenden stattfindenden Kursen. „Schreibstörungen“, erklärt Inge Rohwedder, „lassen sich in drei Kategorien einteilen“: Probleme, einen Text zu beginnen, Schwierigkeiten, die richtige Struktur in den Text zu bringen und unzureichende Kenntnis vom Thema, das bearbeitet werden soll. Durch ausschließlich positive Kritik am Geschriebenen und die Arbeit in kleinen Gruppen will sie die Teilnehmerinnen zum leichteren und lustvolleren Schreiben führen: „Schreiben ist eine so hohe Anforderung an das Gehirn, daß wir dabei ständig am Rande eines Abgrunds entlangschlittern.“
Darum sollten sich die Autorinnen öfter mal selber auf die Schulter klopfen und sich zum Beispiel an einer gelungenen Formulierung freuen, statt sich mit starrem Blick aufs Ziel selbst zu blockieren. Ein wichtiges Mittel bei Schreibstörungen sei es, „die Ungeheuer, die uns begegnen, zu unseren Verbündeten zu machen“, zitiert Rohwedder den Kult-Autor Carlos Castaneda.
Alle Kurse sind für bis zu 18 Teilnehmerinnen geplant, die erfahrungsgemäß eine bunt gemischte Gruppe sind. „Beim ,Biographischen Schreiben' ist das Durchschnittsalter etwas höher“, erzählt Inge Rohwedder. „Da machen auch einige Rentnerinnen mit, um sich fit zu halten und für ihre Enkel ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben.“
„Schreiblabor für Frauen“, Kooperationsstelle Frauenstudien/Frauenforschung, Binderstraße 34, 20146 Hamburg, Tel.: 41 23 59 66;
Infos über Einzel- bzw. Gruppenarbeit und Workshops – auch für Männer – bei der Schreibwerkstatt Inge Rohwedder, Alte Königstraße 18, 22767 Hamburg, Tel.: 38 34 18
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