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Malaysia konzentriert Macht und Kapital

Malaysias Regierungschef Mahathir sichert seinen fragwürdigen Wirtschaftskurs, indem er sich selbst zum Finanzminister bestellt. Der geschaßte Vorgänger will für Reformen kämpfen. Die Opposition scharrt sich um ihn  ■ Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – Nach dem dramatischen Rauswurf von Finanzminister Anwar Ibrahim hat Malaysias Regierungchef Mahathir nun würdigen Ersatz gefunden: sich selbst. Er werde den Posten des „Ersten Finanzministers“ ab sofort übernehmen, gab der 72jährige Premier gestern in Kuala Lumpur bekannt. Entwicklungsminister Mustapa Mohammad bekommt einen Zusatzposten als „Zweiter Finanzminister“.

Am Morgen hatte die Regierung einen neuen Chef für die malaysische Zentralbank ernannt und dessen Stellvertreter ernannt. Ali Abul Hassan Silaiman leitete bislang das mächtige Amt für Wirtschaftsplanung. Sein neuer Vize kommt aus der Zentralbank. Beide unterstützen die umstrittene Wirtschaftspolitik Mahathirs, der sein Land durch scharfe Devisenkontrollen vor ausländischen Spekulanten schützen will – seiner Ansicht nach Hauptschuldige der Asienkrise. Nachdem Malaysia erstmals seit 13 Jahren in einer Rezession steckt, will er die Zinsen senken und plant neue Infrastrukturprojekte, um Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem sollen die Kriterien gelockert werden, nach denen malaysische Unternehmen Kredite aufnehmen können.

In der vergangenen Woche hatte Mahathir – zum Entsetzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) – den Handel mit der malaysischen Währung Ringgit im Ausland verboten und einen festen Wechselkurs von 3,80 Ringgit zum US-Dollar eingeführt. Zuvor waren der damalige Zentralbankchef und sein Vize zurückgetreten, die sich wie der geschaßte Finanzminister Anwar gegen den neuen Kurs wehrten. Sie wollten, wie vom IWF empfohlen, lieber die Bankzinsen hochhalten, um ausländische Anleger ins Land zu locken. Der IWF hat inzwischen die asiatischen Nachbarländer wie Indonesien aufgefordert, dem Beispiel Malaysias nicht zu folgen.

Mahathir hat sichergestellt, daß er keine Opposition mehr zu fürchten braucht. Nachdem der 51jährige Anwar am Wochenende nicht nur sein Amt als Finanzminister, sondern auch als Vizepremier verlor und aus der regierenden UMNO-Partei geworfen wurde, erklärte der Premier nur, der Geschaßte sei „nicht der richtige Mann“. Nach Angaben der Polizei wird derzeit unter anderem wegen „sexueller Verfehlungen“ und Verrat von Staatsgeheimnissen gegen Anwar ermittelt, der sich als Opfer einer Verschwörung sieht.

Tausende Anhänger, Mitglieder von Oppositionsparteien und regierungsunabhängigen Organisationen, besuchten in den vergangenen Tagen sein Haus. Der Ex- Vizepremier hat angekündigt, er werde „für Reformen“ und „gegen Günstlingswirtschaft“ kämpfen und ab Mittwoch durch das Land reisen. Die Parolen gleichen der Demokratiebewegung in Indonesien, die im Mai den Diktator Suharto zum Rücktritt zwang.

Anwar hatte die Wirtschaftspolitik seines Mentors Mahathir allerdings jahrelang mitgetragen – auch wenn er sich im privaten Gespräch hier und da kritisch über megalomanische Infrastrukturprojekte äußerte. Aber „als öffentlicher Kritiker von Dr. Mahathirs Strategie des Hochwachstums und der sogenannten Günstlingswirtschaft trat er erst hervor“, kommentierte das Asian Wall Street Journal bissig, „als Asien vom Währungsverfall erschüttert wurde.“

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