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■ Bonner Nebensachen aus aller WeltDie Invasion verpennt

Türkische Tageszeitungen sind für alles Mögliche berühmt: ihre bunte Aufmachung, die freizügige Präsentation der schönsten Frauen des Landes, für ihre Werbegeschenke und ihre großräumigen Überschriften, nur für eines ganz sicher nicht: ihre internationale Berichterstattung.

Die türkische Republik ist überwiegend mit sich selbst beschäftigt, und ein Streit in der Stadtverwaltung eines Provinznestes ist allemal wichtiger als dubiose Vorgänge in fernen Regionen. Von dieser Regel gibt es wenige Außnahmen; dieser Tage schaffte es ein Herr Clinton auffällig oft, auf die Titelseiten zu gelangen.

Es gehört zu den Gemeinheiten der Auslandsberichterstattung, daß das Objekt des Interesses meistens schon wieder weg ist vom Fenster, wenn man sich gerade an seine Präsenz gewöhnt hatte. Das wird ja bei diesem Clinton wohl auch so sein. Es gibt aber eine Ausnahme, die durch Kontinuität besticht: Almanya, Almanyaya, Almanyada und Almanyadan tauchen mit schöner Regelmäßigkeit immer mal wieder in den Schlagzeilen auf, in letzter Zeit sogar gehäuft.

Erst am Samstag hat sich der türkische Präsident höchstselbst zu den Vorgängen im hohen Nordwesten geäußert. Vor ihm hat das auch schon Ministerpräsident Mesut Bey in der ihm eigenen diplomatischen Zurückhaltung getan, und der Chef der hiesigen sogenannten Sozialdemokraten – ein gewisser Herr Baykal – hat sich sogar dazu aufgerafft, ganz, ganz viele Briefe nach Almanyaya zu schicken.

Der Grund für diese ganze Aufmerksamkeit, die hiesige Medien und Politiker diesem Almanyada widmen, ist eigentlich ganz einfach erklärt. Lange vor einem Berliner Innensenator haben sie nämlich entdeckt, daß es sich bei bestimmten Teilen von Almanya gar nicht mehr um Ausland handelt. Schönbohm gehört aus türkischer Sicht wirklich zu den letzten, die bemerkt haben, daß es sich bei weiten Teilen Berlins, Frankfurts und des Ruhrgebiets inklusive Kölns ja längst nicht mehr um Deutschland handelt. Da ist der Aufruf des bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir, wie weiland die Türken vor Wien nach Deutschland zu reiten, ganz überflüssig.

Wie es sich für eine ordentliche fünfte Kolonne gehört, wird sie bei Bedarf aktiviert und ferngesteuert. Zur Zeit scheint der Bedarf gegeben. In Deutschland wird gewählt, und damit steht die Rache für Luxemburg (Sie erinnern sich, die kalte Schulter der Europäischen Union) vor der Tür.

Die gut zehntausend türkischen (das sie einen deutschen Paß haben, ist natürlich Tarnung) Wahlberechtigten werden es dem schwarzen Riesen heimzahlen, ihn womöglich ins christliche Kloster schicken, wo er dann ganz allein mit der abendländichen christlichen Kultur die Machtübernahme von Gerhard Schröder und dessen Paten in Ankara mit ansehen muß.

Ja, meine Herren von der Union, so ist das, wenn man die Invasion aus Anatolien verpennt und nicht rechtzeitig genug einen ordentlichen Limes aufstellt.

Viel zu spät versucht jetzt das deutsche Generalkonsulat in Istanbul, das Schlimmste zu verhindern. Wer hier wählen will, braucht nicht nur einen deutschen Paß. Das Konsulat verlangt die Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis. Warum das? Damit wird sichergestellt, daß die Wahl in Deutschland nicht womöglich noch von Doppelstaatlern entschieden wird. Solchen, die eben außer dem deutschen noch einen türkischen Paß haben und deshalb in Istanbul keine Aufenthaltsgenehmigung brauchen. Vielleicht schafft es Helmut dank dieser Vorsichtsmaßnahme ja doch noch mal. Jürgen Gottschlich

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