: BND-Buch drohen Schwärzungen
■ Fünf prominente Journalisten wollen gerichtliche Schritte gegen das Buch des BND-Experten Schmidt-Eenboom erwirken
Berlin (taz) – In der Kölner Verlagszentrale von Kiepenheuer und Witsch ist man zufrieden. 20.000 Exemplare des Buches „Undercover“ des BND-Experten Erich Schmidt-Eenboom sind abgesetzt, eine zweite Auflage wurde unterdessen an den Handel ausgeliefert. Doch ob das Buch, in dem es um die Zusammenarbeit von Journalisten mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) geht, weiter ungeschwärzt bleibt, entscheidet sich demnächst. Gleich fünf Journalisten haben Unterlassungserklärungen angestrengt. Der Versuch des Focus-Redakteurs Paul Limbach, vergangene Woche vor dem Münchener Landgericht I gar eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf des Buches zu erwirken, blieb aber zunächst erfolglos. Das Gericht hielt eine Schutzschrift des Verlages für derart gewichtig, daß es ohne mündliche Verhandlung keinen Buchstopp erlassen will. Limbach bestreitet, für den BND gearbeitet zu haben. Der Journalist, früher bei der Quick auch für BND-Berichterstattung zuständig, taucht als einer von rund 230 Journalisten auf einer BND-Liste aus dem Jahre 1970 auf, die Schmidt-Eenboom zitiert. Danach wurde Limbach vom BND unter dem Decknamen „Limes“ in der Kategorie I („voll tragfähige, regelmäßige oder häufige Kontakte“) verzeichnet. Zudem dementiert er, vom BND im ersten Halbjahr 1970 „Einsatzausgaben“ in Höhe von 250 Mark erhalten zu haben.
Auch sein Focus-Kollege Heiner Emde wehrt sich. Es sei unwahr, daß der Bayerische Verfassungsschutz sein 1986 erschienenes Buch „Spionage und Abwehr in der Bundesrepublik Deutschland“ subventioniert habe. Schmidt- Eenboom hatte geschrieben, Emde und Limbach – der für das Spionage-Buch recherchierte – hätten vom Verfassungsschutz 4.000 Mark erhalten. Prominentester Kläger ist Peter Boenisch, Ex- Bild-Chef und Ex-Regierungssprecher von Kanzler Kohl. Boenisch engagierte den in Medienfragen bekannten Staranwalt Matthias Prinz. Sein Mandant, so Prinz, habe nie mit dem BND kooperiert. Er sei auch nie „wissentlich für den BND tätig gewesen“. Hier steht Behauptung gegen Schriftsatz: Denn Boenisch wurde 1970 als „Bongert“ vom BND in der Kategorie I aufgelistet.
Der frühere Moderator des „ZDF-Magazins“, Gerhard Löwenthal, geht offenbar gelassener mit der Buchveröffentlichung um. Erst kürzlich erklärte er im ARD- „Kulturreport“, die Nutzung von BND-Quellen sei für ihn eine staatsbürgerliche Pflicht gewesen. Löwenthal wehrt sich interessanterweise nicht gegen seine Nennung als „Loeben“ in der BND-Liste. Ihn stört der Satz, „waschkorbweise“ Unterlagen eines Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz erhalten zu haben.
Ebenso verhalten fällt die Klage des Welt-Mitarbeiters Heinz Vielain aus. Schmidt-Eenboom bezeichnete ihn als „Schleusentor“ für BND-Informationen im Springer-Verlag. Sein Anwalt hält dem Buch zwar „sonstige Unwahrheiten“ vor, will aber konkret nur einen Absatz entfernen. Sein Mandant sei nie Mitglied im Freundeskreis der deutsch-chilenischen Sekte Colonia Dignidad gewesen. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen