: „Gulasch ohne ekelhafte Pfützchen“
■ Der Berliner Top-Metzger Jürgen Bachhuber über ungewürzte Koteletts und die kleinen Unterschiede zwischen Schwein und Schwein
taz: Sie waren einer der ersten Metzger, die in Berlin mit „Neuland“-Fleisch begonnen haben. Was hat Sie dazu damals motiviert?
Jürgen Bachhuber: Ich glaube, ich war der erste Fleischer überhaupt. Ich bezog damals, Ende der 80er Jahre, Galloway-Fleisch von einem Landwirt bei Lüneburg. Der sagte dann, Junge, paß auf, da tut sich was. Da gibt's jetzt Schweine aus anständiger Aufzucht. Mit Rindern, Lämmern und Geflügel hat man erst viel später angefangen, zuerst gab's nur Schweine. Dann kam die grüne Woche, und „Neuland“ hatte einen bescheidenen Stand. Dort habe ich mich informiert, und das war genau das Richtige für mich. So muß man Tiere halten. Wir Metzger haben eine Verantwortung, und diese Art von Aufzucht wird Mensch, Tier und Umwelt besser gerecht. Ich wollte immer schon was Ordentliches für meinen Laden, da paßte das Neuland- Programm genau rein.
Haben Sie sich die Ställe und Betriebe selbst angesehen?
Zunächst habe ich mich auf die Angaben von „Neuland“ verlassen. Ich habe ja gemerkt, daß die Qualität stimmt. Nach einem halben Jahr bin ich dann losgefahren und habe mir die Betriebe angesehen. Das hat mich überzeugt.
Können Fachleute wie Sie eigentlich den Unterschied von herkömmlichem und Ökoschwein leicht erkennen?
Sie sehen sofort, daß das Fleisch nicht so naß ist. Es ist einfach ausgereifter und hat eine etwas kräftigere Farbe. Sie können es gut erkennen, wenn Sie ein Gulasch schneiden. Da haben Sie nachher nicht diese ekelhaften Pfützchen.
Würden Sie sich zutrauen, die Qualität in einer Blindprobe auch am Geschmack zu erkennen?
Wir haben in der Lehrküche der Bewag solche Vergleichsproben gemacht. Dabei haben wir das Fleisch vor dem Bratvorgang und hinterher gewogen und dabei festgestellt, daß der Gewichtsverlust erheblich geringer ist. Wir haben dann das Fleisch gebraten und ungewürzt gegessen, da merkt man die Unterschiede am besten. Sie sind doch ganz erheblich. Eine Kundin hat einmal zu mir gesagt: Mensch, am Sonntag habe ich vergessen, meine Koteletts zu würzen, und keiner hat das gemerkt.
Inzwischen versucht auch die CMA-Marketinggesellschaft der konventionellen Mäster, mit neuen Fleisch-Programmen nachzuziehen. Bleibt „Neuland“ der Marktführer?
Sie sind sicher nicht der Marktführer, was die verkaufte Menge angeht. Aber in der Qualität bleibt Neuland auf jeden Fall führend.
Warum setzt sich das Ökofleisch dann nicht stärker am Markt durch?
Es ist einfach teurer. Sie kennen ja die einschlägigen Umfragen: 80 Prozent aller Kunden finden es richtig, die Tiere besser zu halten, ihnen Auslauf zu geben. Aber nur 15 Prozent sind bereit, dieses Fleisch dann tatsächlich zu kaufen und einen höheren Preis zu bezahlen. Ich finde es allerdings gar nicht so falsch, daß „Neuland“ langsam wächst. Das ist so eine Art Familienunternehmen mit engem Kontakt zwischen Metzger und Erzeuger. Sie können das nicht ins Unermeßliche steigern, das geht nicht. Ein großes Hindernis für eine Expansion sind die Umstellungen für den Erzeuger. Da sind erhebliche Umbauten und Vorlaufzeiten notwendig. Sie haben eine ganz andere Aufzucht: Ein „Neuland“- Rind wird zum Beispiel drei Jahre alt. Herkömmmliche Jungbullen werden dagegen in 15 Monaten schlachtreif gepowert. Als Bio-Erzeuger brauchen Sie Laufställe ohne Spaltenböden mit Tageslicht. Sie haben Bestandsobergrenzen. Und sie brauchen auch ein wenig Idealismus beim Fleischer und beim Halter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen