: Neunzigtausend gegen den Transrapid
■ Die Volksinitiative gegen die umstrittene Magnetschwebebahn hat zwei Wochen vor dem Stichtag das Soll erfüllt. Dennoch wollen die Transrapidgegner mit Volldampf weitersammeln, um unlesbare oder ungültig
Es ist vollbracht. Die Volksinitiative gegen den Transrapid hat 90.000 Unterschriften gegen den Bau der geplanten milliardenteuren Magnetschwebebahn im Kasten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der die Initiative organisiert, wollte den Eingang der 90.000 Unterschriften zwar gestern noch nicht offiziell bestätigen. „Wir haben 87.000 Unterschriften und volle Zwischenlager“, hieß es aber vielsagend. Zudem haben durch den Bau des Transrapid bedrohte Kleingärtner für kommmende Woche ein dickes Unterschriftenpaket angekündigt.
Der Grund für die Zurückhaltung des BUND ist, daß die Volksintiative bis zum Stichtag am 30. September 100.000 Unterschriften zusammenhaben will, um einen Puffer zu haben. Denn die Meldeämter gleichen jeden einzelnen Bogen mit den im Melderegister gespeicherten Daten ab. Bögen, die von unter 18jährigen oder Nichtberlinern unterschrieben sind, werden aussortiert. Das gleiche geschieht, wenn die Schrift unleserlich ist. Noch zu Hause rumliegende Unterschriftenbögen sollten deshalb auf jeden Fall ausgefüllt und dem BUND zugeschickt werden, bittet BUND-Sprecher Martin Schlegel.
Mit 90.000 gültigen Unterschriften ist die Voraussetzung erfüllt, daß das Abgeordnetenhaus noch einmal über das umstrittene Projekt diskutieren muß. Rechtlich kann das Berliner Parlament die Entscheidung der Bundesregierung zwar nicht beeinflussen, aber nach den Bundestagswahlen könnte sich das Bürgervotum politisch auszahlen. „Wir hoffen, daß Rot-Grün gewinnt und das Projekt stoppt“, sagte Schlegel.
Kurz vor den Wahlen vollführt die SPD in der Frage des Transrapid einen regelrechten Eiertanz. Die offizielle Linie der Partei lautet: Wir sind nicht grundsätzlich gegen Magnetschwebebahnen, aber gegen die Abwälzung finanzieller Risiken auf die öffentliche Hand. Den Bau der Strecke zwischen Hamburg und Berlin hat die Berliner SPD bereits 1995 abgelehnt. Im Dezember 1997 wurde der Beschluß vom SPD-Bundesparteitag bestätigt. Vor wenigen Tagen kündigte SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder gegenüber der Zeitung Super Illu plötzlich vollmundig an, unter ihm als Kanzler werde der Transrapid gebaut. In den „ARD-Tagesthemen“ schwächte Schröder diese Äußerung allerdings ein wenig ab, indem er einen Finanzierungsvorbehalt nachschob. Bündnisgenosse ist Umweltsenator Peter Strieder (SPD), der für den Bau des Transrapid eintritt, um den Technologiestandort Berlin zu stärken.
Der verkehrspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Michael Cramer, forderte Schröder und Strieder gestern mit Hinweis auf das Votum der Berliner auf, dem Transrapid eine Absage zu erteilen. Auch der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler meint, daß die deutliche Haltung der Berliner auf Bundesebene berücksichigt werden muß. Nur der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Alexander Kaczmarek, findet: „Unterschriften sind keine Argumente. Wir halten am Transrapid fest.“ Plutonia Plarre
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