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Ein Brückenschlag für den grünen Abgeordneten

■ Protest gegen Oberbaumbrücke kostet Berger 2.000 Mark – zu zahlen an den Verein SO 36

Er habe die Zeugen mehrfach am Nacken und am unteren Oberarm ergriffen und zurückgerissen. So hieß es in der Anklage. Doch inzwischen sind vier Jahre vergangen. Vier Jahre, in denen manch Beteiligter nicht mehr wußte, was der Angeklagte, der bündnisgrüne Abgeordnete Hartwig Berger, getan haben soll.

Vor vier Jahren, am 9. November 1994, wurde die Oberbaumbrücke für den Autoverkehr freigegeben. Statt der festlichen Reden sorgte an diesem Tag die brutale Vorgehensweise der Polizei für Aufmerksamkeit. Auch Hartwig Berger war dabei. Nach den Ermittlungen der Polizei soll er Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet haben, als diese einen Störer abführen wollten.

Vier Jahre später: Die Verhandlung ist eröffnet. In fast familiärem Kreis werden die Fragen erläutert: ob die Polizisten sich als solche zu erkennen gaben; ob Berger sich erschöpft an ein Gitter anlehnte oder ob er sich doch dort festkrallte. Die Stimmung ist gut. Nur die jungen Beamten sind durch den lauten Ton von Bergers Anwalt verunsichert und verteidigen sich, als seien sie selbst die Angeklagten. Denn an vieles können sie sich nicht mehr erinnern.

Zeuge fünf wird aufgerufen. Der ist aber noch nicht da. Planungspanne. „Na, dann gucken wir uns doch mal die Videos an.“ Der Richter, ganz Gastgeber, bittet alle ein bißchen näher. Er legt den Mitschnitt von 1A-Brandenburg ein. Glücksrad. Aber dann kommt die Demo, und Berger sträubt sich schon ein bißchen. Auf 2.000 Mark statt 7.500 Mark Bußgeld einigt man sich zum Schluß. Zu zahlen an den BUND und den Verein SO36, der damals aktiv gegen die Oberbaumbrücke demonstriert hat. Kerstin Kohlenberg

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