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Volkszorn gegen Volksvertreter

■ Bürgeriniative kritisiert Bürgerbeteiligung zum geplanten Shopping-Zentrum „Haven Höövt“ und spricht von Informationsverweigerung und Geheimniskrämerei der zuständigen Behörden

Dem Vegesacker Beirat und dem Ortsamt sind die BürgerInnen im eigenen Stadtteil offenbar lästig: Die Bürgerbeteiligung zum geplanten Shopping-Zentrum „Haven Höövt“ verkomme immer mehr „zur Farce“, klagt der „Arbeitskreis Haven Höövt“ – eine Bürgerinitiative, die sich derzeit „mächtig verarscht“ fühlt von den Volksvertretern. Die Initiative hatte gefordert, eine Einwohnerversammlung zu wiederholen, auf der wichtige Infos vorenthalten worden seien. Die entscheidende Beiratssitzung zum Thema solle deshalb entsprechend verschoben werden. Beide Forderungen bügelte der Beirat nun aber ab: Nur eine Stunde vor der Beschlußfassung im Beirat soll es jetzt noch Zeit zur Bürgerinformation geben.

„Maßlos enttäuscht“ sind die VegesackerInnen jetzt, klagt Antonia Harre vom „Arbeitskreis Haven Höövt“. Die Versammlung im Juli hätte in einem viel zu kleinen Raum ohne Mikrofonanlage stattgefunden, Fragen zur geplanten Geschoßhöhe oder zur Verkehrsbelastung durch den geplanten Kom-plex mit SB-Warenhaus, Läden, Wohnungen und einem Multiplex-Kino seien mit „dünnen Antworten“ abgewürgt worden (wir berichteten). „Informationsverweigerung“ nannte das damals der grüne Beiratsfraktionssprecher Reinhold Koch und brachte einen Dringlichkeitsantrag ein. Die Beiratsfraktionen von SPD und CDU lehnten ab und blieben bei ihrem Terminplan.

Und der hat es laut Bürgerinitiative in sich: So sollen die BürgerInnen jetzt zwar informiert werden, „über das, was genau auf dem Gelände geplant ist“, erklärt Ortsamtsleiter Rainer Kammeyer, „weil die konkreten Pläne des Investors bei der vergangenen Sitzung noch gar nicht vorlagen.“ Doch gleich im Anschluß fällt der Beirat dann seinen Beschluß zum Bebauungsplan – ohne die Bürgereinwände in gemeinsamen Fraktionsklausuren nochmals eingehend beraten zu haben. Die Verkehrsbelastung soll zudem erst einen Tag später auf der Tagesordnung stehen – auf einer Sondersitzung des Beirats.

„Geheimhaltungstaktik“ nennen das die BürgerInnen und lassen die Gerüchteküche in Vegesack weiter kräftig brodeln: Auf dem Sahnegrundstück, das Albrecht jetzt von der Stadt kaufte, sei ein riesiger SB-Markt als Betonklotz geplant. Die Stadt sei ohnehin „im Würgegriff des Investors“, kritische Stimmen und der Ruf nach möglichen Alternativen hätten da keinen Platz und würden mundtot gemacht. „Albrecht darf dort doch ohnehin bauen, was er will“, sagt die Bürgerin Antonia Harre.

Doch von derlei Vorwürfen wollen Bauamts- und Ortsamtsleiter nichts wissen: Das Verkehrsgutachten sei eben nicht früher fertig, entschuldigt sich Bauamtsleiter Christof Steuer. Die BürgerInnen würden selbstverständlich informiert und zur Diskussion sei vor der Beiratssitzung auch noch genug Zeit, betont der Ortsamtsleiter. Außerdem könne von einem Betonklotz keine Rede sein.

Das würden die neuesten Pläne beweisen: So werde das SB-Warenhaus nur knapp 4.000 Quadratmeter groß sein – also im Format eines größeren Cometmarktes. Weitere 8.000 Quadratmeter seien mit kleinen Läden geplant. „Das größte Unglück“ für Vegesack ist verhindert worden, meint der Bauamtsleiter: Die Baubehörde hätte den Investor davon überzeugt, seine Pläne zu überarbeiten. Von alldem wissen die BürgerInnen aber bislang nichts: Sie wollen deshalb auf der Infoveranstaltung „ordentlich Bambule machen.“ kat

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