: Keine Chance für Heinemann
Der Bundestagswahlkampf liegt in seinen letzten Zügen, nur im Bremer Stadtteil Schwachhausen regt er besonders auf: „Was ist denn das für eine Partei?“ fragten die Leute und riefen bei Ortsamt und Polizei an, als sie Ellen Heinemanns Plakate sahen. Als Beitrag zum Kunst-Projekt „Topoi“ entlang der Schwachhauser Heerstraße hatte sie an beiden Straßenseiten auf dem Abschnitt zwischen Metzer Straße und Schwachhauser Ring 56 Plakate aufgestellt.
Es waren keine Wahlplakate, sondern bunte Streifen- und Blümchenmuster zur Erbauung der stadtauswärts fahrenden Menschen sowie eine Folge von 28 weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund auf der Seite in Richtung Innenstadt. Und wenn man sich ein bißchen angestrengt hat, war aus „F“, „R“ und so weiter das Wort „FRIEDENSERZWINGENDE-MASSNAHME“ herauszulesen. Ein Unwort, wie Ellen Heinemann findet. „Frieden kann man doch nicht erzwingen“, sagt sie. Kunstkonsum aber offenbar auch nicht. Denn der von Heinemann einerseits der Straße plazierten Anregung zum Nachdenken hat der Tatendrang der Schwachhauser enge zeitliche Grenzen gesetzt: Schon kurz nach dem Aufstellen der Plakate und „obwohl die Aktion genehmigt ist“, so Heinmann halb seufzend, halb empört, griffen unbekannte TäterInnen zur Kneifzange und trennten Halterungsdrähte durch. Andere lösten die gemusterten Plakate sauber ab. Und wieder andere – oder waren es dieselben? – machten sich mit Gewalt über die „FRIEDENS-ERZWINGenDEMASSNAHME“ her, bis nur noch ein einsames „A“ darauf hinwies, daß alles ein Ende hat.
Wer hätte den Menschen in Schwachhausen, die Isolde Loock in einem (nicht genehmigten!) Beitrag übrigens in Lautschrift darauf hinweisen wollte, daß es in Schwachhausen auch Schwache gibt, ... wer also hätte diesen Menschen zugetraut, sich so von der Provokation provozieren zu lassen und so stark gegen die Kunst zur Tat zu schreiten? Oder mußten Ellen Heinemanns Plakate stellvertretend für etwas büßen, wovon Kohlkinkelschröderfischergysi einigermaßen verschont blieben? Jedenfalls hatte Heinemann in diesem Wahlkampf keine Chance.
ck/Fotos: Katja Heddinga
Das Projekt „Topoi“ mit Beiträgen von Ursula Barwitzki, Nicholas Bodde, Gloria Del Mazo, Hermann Stuzmann und Ellen Heinemann ziert bis zum 18. Oktober die Schwachhauser Heerstraße
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