piwik no script img

Können kluge Frauen nicht auch lustig sein?

■ Frausein als täglicher Wettbewerb – die Schaubühne zeigt ein Stück von Theresia Walser: „Kleine Zweifel“ in der Cuvrystraße

„Kleine Zweifel“ von Theresia Walser, ein Text wie aus der Frauenschreibwerkstatt, der Worte wählt wie „Herzlawine“, und wenn eine Mundgeruch hat, dann „modert Sehnsucht unter ihrer Zunge“. Männerschuhe sind „leise Schiffe“ im Gegensatz zum „Stakkato der Stilettos“, wobei die Schauspielerin, die das spricht (Caroline Peters) Turnschuhe mit knirschendem Klettverschluß unterm engen schwarzen Abendkleid trägt. Und auch sonst bemühen sich die beiden Schauspielerinnen (die andere ist Bettina Scheuritzel), die das Stück der 31jährigen Walser-Tochter für sich und das Theater eingerichtet haben, „Kleine Zweifel“ ironisch aufzulockern. Das klappt am Anfang noch recht gut. Am Ende klappern bloß noch die Metaphern. „Alles Freundinnen!“ ruft zum Schluß ein Kritiker empört, als es doch ziemlichen Beifall gab, für den er selbst offensichtlich keinen Anlaß sah.

Es geht ums Frausein an sich an diesem Abend, das sozusagen immer ein Wettbewerb ist. Kein Wunder, daß – „wie ein Gebiß am Horizont“ (O-Ton!) – bei frau da immer wieder kleine Zweifel auftauchen, an sich selbst und an den Dingen überhaupt. Und weil die Wettbewerbssituation schlechthin am Theater das Vorsprechen (oder Vorsingen) ist, treffen sich also zwei Frauen zwischem lauter Backstage-Gerümpel, Wasserflaschen und Kostümen und sinnieren über sich und ihre Chancen beim Wettbewerb. Kann sein, daß es auch bloß ein Wettbewerbsberechtigungswettbewerb war und wahrscheinlich die Sekretärin entscheidet, während die Jury sich hinter einer geheimnisvollen Tür mit der Nummer 402 verschanzt hat.

Die beiden Frauen bereiten noch mal ihren Auftritt vor, dazwischen reden sie über das Leben und daß man zwischen zwei Männern steht. Einer von ihnen ist Künstler und nagelt überfahrene Kleintiere an die Wände, der andere sucht permanent aus einem Katalog Möbel mit Frauennamen aus. Zwischendurch singen sie auch mal kleine und ziemlich doofe Lieder. Aber das soll so sein, schließlich sind die beiden Frauen ja selbst ein bißchen doof. Denn kluge Frauen sind nicht lustig, und lustig sollte die ganze Veranstaltung schon sein. Und so geht die eine Stunde schnell vorbei. Man leidet ein bißchen. Aber so sehr, wie der Kritiker neben mir, auch wieder nicht. Esther Slevogt

Nächste Vorstellungen: heute sowie 29./30.9., 20 Uhr, Probebühne der Schaubühne, Cuvrystraße 7

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen