: Serbien erklärt das Ende der Kosovo-Offensive
■ Die Nato beurteilt die Ankündigung des Belgrader Regierungschefs zurückhaltend
Belgrad/Brüssel (AFP/dpa) – Die Nato hat gestern zurückhaltend auf die Ankündigung der serbischen Regierung reagiert, ihre Offensive im Kosovo zu beenden. Die westliche Verteidigungsallianz erwarte konkrete Handlungen und nicht nur Ankündigungen, sagte ein hoher Nato-Vertreter in Brüssel. Der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević habe seine Versprechen in der Vergangenheit schon mehrfach gebrochen. Milošević hatte die Offensive schon einmal für beendet erklärt, sie war aber mit unverminderter Heftigkeit fortgesetzt worden.
Belgrad hatte zuvor den Abschluß „aller antiterroristischen Aktionen“ der von Polizei und Armee in der überwiegend von Albanern bewohnten serbischen Provinz verkündet. „Die Terroristen sind besiegt, daher können sich die Sicherheitskräfte allmählich in ihre Kasernen zurückziehen“, sagte Mirko Marjanović, Regierungschef der Teilrepublik Serbien, gestern im Parlament in Belgrad auf einer Sondersitzung zur Kosovo- Krise. „Ab heute sind alle antiterroristischen Aktivitäten im Kosovo beendet.“
Der Rückzug der serbischen Truppen in ihre Kasernen war von der Nato als Voraussetzung dafür genannt worden, daß es nicht zu einem Eingreifen der Militärallianz kommt. Die serbische Regierung bezeichnet die für eine Unabhängigkeit der Provinz kämpfende Kosovo-Befreiungsarmee als „Terroristen.“
„Eine neue Offensive wird es nur geben, falls die Banditen und Terroristen erneut zuschlagen“, fügte Marjanović hinzu. Er bot allen Kosovo-Albanern eine Begnadigung an, die innerhalb der nächsten zehn Tagen ihre Waffen abliefern und beweisen könnten, daß sie keine Rechtsbrecher seien. Marjanovićs Angaben zufolge sind seit Beginn der Kämpfe im Februar dieses Jahres 94 serbische Polizisten und 32 Soldaten der jugoslawischen Armee getötet worden.
Den serbischen Parlamentsabgeordneten lag auch ein Resolutionsentwurf vor, in dem die Drohung der Nato mit einer Militärintervention scharf zurückgewiesen wird. Für den Kosovo, dessen Einwohner zu 90 Prozent albanischer Abstammung sind, wird eine Autonomieregelung vorgeschlagen. In dem Resolutionsentwurf wird die „Ausrottung des Terrorismus“ im Kosovo als Priorität bezeichnet. Ausländische Staaten werden bezichtigt, den Kosovo-Albanern Militärhilfe zu leisten.
Aus der Krisenregion selbst lagen zunächst keine Angaben darüber vor, ob die Offensive der serbischen und jugoslawischen Verbände tatsächlich eingestellt wurde. Noch am Vorabend hatte das Informationszentrum der Albaner in der Provinzhauptstadt Priština von schweren Kämpfen im Südwesten des Kosovo berichtet.
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