: Rechte mußten draußen bleiben
■ PDS nahm ihnen Stimmen ab. Trotz schlechten Abschneidens konnten DVU, NPD und Reps bundesweit zum Teil deutlich zulegen
„Um 18 Uhr 30 sind wir drin und feiern in der Lobby!“ zeigte sich Bernd Dröse, Pressesprecher der rechtsextremen DVU, am Sonntag siegesgewiß. Aber die Mecklenburger Wähler machten das Schweriner Schloß am Sonntag zur uneinnehmbaren Festung für die DVU (2,9 Prozent). Am Tag nach der Schlappe blieben die DVUler kleinlaut. „Wir sind nicht genug auf spezielle Probleme in Mecklenburg-Vorpommern eingegangen“, analysierte der Landesvorsitzende Fritz Nehls und ließ sogar Kritik am übermächtigen Parteichef Gerhard Frey anklingen: „Wir haben uns nicht ausreichend der Öffentlichkeit gestellt.“ In der Tat bestand der Wahlkampf der DVU wie schon in Sachsen-Anhalt überwiegend aus Postwurfsendungen und Plakaten. „Unsere Kandidaten wurden erst kurz vor der Wahl aufgestellt“, so Nehls. Nach ersten Analysen liegen die Hochburgen der DVU nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, im strukturschwachen Vorpommern, sondern im westlicheren Landesteil Mecklenburg. In Wahlkreisen in Wismar und auf der Insel Rügen verbuchte die Partei bis zu 11 Prozent.
Die NPD agiert im Nordosten vom kleinen Ort Parchim aus, 15 Kilometer vor der Landeshauptstadt Schwerin. Gestern wollte dort niemand ihr schlechtes Wahlergebnis von nur 1,3 Prozent kommentieren. Und das, obwohl die Partei in den letzten Wochen mit Aufmärschen für den „nationalen Sozialismus“ Angst und Schrecken im ganzen Land verbreitet hatte. Vor allem die PDS habe potentielle NPD-Wähler an sich binden können, glauben politische Beobachter in Schwerin. In der NPD- Bundesgeschäftsstelle hat man sich seinen eigenen Reim auf die Niederlage gemacht: Viele Wähler hätten die NPD gar nicht auf ihrem Wahlzettel gefunden, weil sie diesen nicht richtig aufgeklappt hätten.
Bundesweite Zufriedenheit herrscht über das „schlechte“ Abschneiden der drei rechtsradikalen Parteien. Mit 3,3 Prozent – DVU 1,2, Republikaner 1,8 und NPD 0,3 – scheiterten sie deutlich an der Fünfprozenthürde. Angesichts der Ergebnisse gibt der Innenminister Sachsen-Anhalts, Manfred Püchel, bereits Entwarnung. Die Rechten seien entzaubert worden, die Bundestagswahl habe bewiesen, daß der DVU-Erfolg mit 12,9 Prozent bei der Landtagswahl im April in Sachsen-Anhalt kein Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung breiter Wählerschichten gewesen sei, sondern nur eine Protestwahl.
Die Zahlen können auch anders gelesen werden. Rechtsextremistische Parteien haben bei Bundestagswahlen noch nie sonderlich gut abgeschnitten, aber auch seit langem nicht mehr so gut wie in diesem Jahr. Vor allem in Berlin und den neuen Bundesländern legten die rechtsextremen Parteien kräftig zu. In Berlin steigerten sie ihren Stimmenanteil gegenüber der Bundestagswahl von 1994 von 1,9 Prozent auf 4,9 Prozent, in Sachsen von 1,4 Prozent auf 5,7 Prozent, in Sachsen-Anhalt von 1,0 auf 4,1 Prozent, in Brandenburg von 1,1 auf 5,2 Prozent und in Thüringen von 1,4 auf 4,5 Prozent. Die DVU erwies sich dabei als stärkste rechtsextremistische Partei im Osten. Auch diesmal waren es vor allem wieder junge Männer, die für die Rechtsextremisten stimmten. Robin Alexander,
Eberhard Seidel-Pielen
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