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Murdochs Mates

In seiner Heimat Australien führte der Tycoon vor, wie er Medienmacht ergreift. Und Medienödnis hinterläßt  ■ Von Hans J. Kleinsteuber

Das macht ihm keiner vor. Der australische Medienmogul Rupert Murdoch ist mit seiner News Corporation auf allen fünf Kontinenten aktiv. Obwohl inzwischen US-Bürger, ist er auch in seiner Heimat der Größte. Von seinem Vater übernahm er 1953 zwei Zeitungen in Adelaide, quasi als Startkapital. Das war zu einer Zeit, als es in den Metropolen des Landes noch 15 Zeitungen mit 10 Eignern gab. Noch idyllischer war es 1923, als sein Vater ins Geschäft einstieg. Damals kontrollierten 21 Eigner noch 26 Blätter.

Heute rangiert Australien unter allen vergleichbaren OECD-Ländern auf Rang eins, was den Grad der Medienkonzentration anbetrifft. Kaum zu glauben: Murdochs News Corporation kontrolliert zwei Drittel der metropolen Tagespresse Australiens und gemeinsam mit dem zweiten Mogul Kerry Packer etwa vier Fünftel aller Zeitschriften. Nur aus dem Network- Fernsehen mußte sich Murdoch zurückziehen – mit Gewinn, wie wir sehen werden.

Besagter Packer, in Australien eine ähnlich sagenumwobene Person wie Murdoch, erbte gleichfalls Zeitungen aus Familienbesitz. Ihm gehört das erfolgreichste TV-Network Nine. Im Pay-TV dominiert wiederum Murdoch mit seiner Foxtel, benannt nach Murdochs Fox-Network in den USA, das wiederum nach seinem Twentieth- Century-Fox-Studio in Hollywood benannt wurde, das wiederum viele der Filme liefert. Murdoch und Packer gelten als die beiden reichsten Australier – wenn man vernachlässigt, daß Murdoch zur Sicherung seiner US-Schätze den dortigen Paß erwarb.

Der Reichtum der Moguln geht einher mit publizistischer Armut. Die Auswahl an Zeitungen ist nurmehr minimal: In der 3,3-Millionen-Stadt Melbourne, grob mit Berlin vergleichbar, gibt es gerade drei Tageszeitungen – zwei davon von Murdoch. In Brisbane, mit 1,4 Millionen kaum kleiner als Hamburg, gehört Murdoch das Monopolblatt. Anderswo ist es ähnlich.

Warum gerade Australien? Das Land schaut eigentlich auf eine ruhmvolle Zeitungsgeschichte zurück. Auf die längste Tradition konnte sich das Haus Fairfax berufen. 149 Jahre waren vergangen, als Filius Warwick 1987 mit einer Art feindlichen Übernahme der eigenen Familie das Imperium entreißen wollte. Er geriet mit seinem Spiel in einen Börsencrash, die Fairfax Family verlor alles. Heute hat ein Unternehmer aus Kanada das Sagen, und Packer kauft sich unauffällig ein.

Die späten 80er waren die wilden Jahre der Tycoone. 1986/87 begann die Jagd auf profitable Fernsehnetze und lukrative Stationen. In jenen Jahren wechselten fast alle den Besitzer. Murdoch und Packer verkauften seinerzeit ihre TV-Immobilien. Als Aufkäufer betätigten sich neureiche Magnaten wie Americas-Cup-Sieger Allan Bond und Scharlatan Christopher Skase. Alsbald havarierten die Betrüger. Skase hat sich vor Jahren mit seinen Millionen auf Mallorca niedergelassen. Angeblich steht er seit Jahren ganz oben auf der Liste der gesuchten Täter, dennoch blieb er bislang unbehelligt. Bond wurde abgeurteilt und inhaftiert.

Das Mediensystem hat dabei schweren Schaden genommen. Die spekulativ überschuldeten Networks (Packer kaufte seines mit großem Gewinn zurück) mußten nun herhalten, um die Finanzen ihrer Eigner zu sanieren. Sparen konnte man vor allem bei den Mitarbeitern. Die Ausgaben für die Nachrichten wurden fast halbiert. Dazu wurde billige US- Massenware eingekauft und die teuren Eigenproduktionen von Filmen, Serien und Seifenopern zurückgefahren. Heute gibt es neben Murdoch und Packer nur noch einige kleinere Spieler, die allesamt den beiden Großen nicht wirklich gefährlich werden können.

Dabei gibt die australische TV- Lizenzpolitik eigentlich jedem einen Freibrief zum Gelddrucken, der eine Sendeerlaubnis ergattert. Denn der Markt wird künstlich eingeschränkt: In den Metropolen werden nur drei kommerzielle Stationen zugelassen, in der Provinz ein oder zwei. Eigentlich sollte die Schaffung künstlicher Monopole die wirtschaftliche Gesundheit der Branche sichern. Aber nun mußten die ausgelaugten Stationen Schulden bezahlen. Auch dabei waren Packer und Murdoch die Sieger. Obwohl sie glänzend dastanden, rationalisierten sie kräftig mit. Murdoch legte Zeitungen auf den von ihm beherrschten Märkten Sydney und Melbourne zusammen, das senkte Kosten und erhöhte den Gewinn. Konsequenz: Die australische Medienlandschaft ist heute beispiellos verödet. Ein eigenständiges politisches Magazin etwa sucht man am Kiosk vergebens.

Da nichts mehr ohne Murdoch und Packer geht, entscheiden sie auch allein darüber, wie es mit den neuen Medien voranschreitet. Eher schleppend führen sie Pay-TV ein, darf es doch keinen der eigenen Besitzstände gefährden. Als Investition in die Zukunft kaufte Murdoch in Australien wie im Rest der Welt Sportrechte auf. Ihm gehören z.B. die Bilder der ersten Rugby-Liga – ohne die Millionen Australier nicht auskommen.

Das alles geschah, obwohl es in Australien seit Jahrzehnten strenge Regeln gegen Medienkonzentration gibt. Besitzer einer TV- Kette müssen sich zum Beispiel bei Tageszeitungen zurückhalten. Oder: Den TV-Anbietern sind australische Inhaltsquoten vorgeschrieben, damit sie nicht in US- Material untergehen. Die Medienunternehmer lehnen diese Auflagen natürlich ab und haben sich dadurch revanchiert, daß sie ihnen nicht genehme Politiker bekämpfen. Schon Murdochs Vater, Sir Keith Murdoch, attackierte Labor- Regierungen und half einem konservativen Premier ins Amt. Sein Kommentar: „I put him there and I'll put him out“ – was er später prompt realisierte.

Schließlich arrangierten sich auch Vertreter der Arbeiterpartei mit der Macht der Moguln. Als während der Amtszeit von Labor- Premier Bob Hawke 1987 neue Konzentrationsregeln eingeführt wurden, waren sie ausgerechnet mit Murdoch und Packer abgestimmt worden. Hawke nannte sie launig seine „Media Mates“. Als Gegenleistung genoß er eine einzigartige Unterstützung der Presse. Als er abtrat, waren die Medienmächtigen noch stärker geworden. Der seit 1996 amtierende liberalkonservative Premier John Howard, der am Wochenende offenbar wiedergewählt wurde, zeigt aus gutem Grund keine Neigung, sich mit ihnen anzulegen.

Während Packer mit seinem immensen Reichtum einen extravaganten Lebensstil finanziert, schlug Murdoch einen anderen Weg ein. Mit der australischen Basis konnte er sich seinem globalen Eroberungszug widmen. Die heimischen Medien dienten ihm dabei als verläßliche Finanzquelle. So errichtete er sein Fox-Imperium in den USA, kaufte Boulevardzeitungen und etablierte den Bezahlsender BSkyB in Großbritannien, beglückte Asien mit Star TV. Seiner News Corporation geht es glänzend.

Mit seinen prallgefüllten Koffern würde er zu gern auch nach Deutschland kommen, wenn er irgendwo die Mehrheit bekommt. Murdoch hat hier außer beim Verlustbringer Vox bislang wenig investiert. Im Juni lud ihn der Sozialdemokrat Wolfgang Clement auf sein Kölner Medienforum ein und spiegelte sich im Moguls-Glanz. Mit dem eher CDU-nahen Leo Kirch führte Murdoch Geheimverhandlungen über eine Beteiligung am lädierten Imperium.

Bisher blieb er immer der Sieger. Im Juli allerdings erkärte seine zweite Frau Anna, sie wolle sich von ihm scheiden lassen. Zuvor hatte er die Neuigkeit seiner New Yorker Society-Reporterin gesteckt. Im Prinzip lassen Murdochs Blätter keine Ehekrise aus, diesmal wurde nur leise berichtet. Aber auch so sanken die Aktien seiner News Corporation erst einmal, denn in deren Vorstand sitzt Anna Murdoch als Anteilseignerin. Murdoch wird nun viel Geld aufwenden müssen, um sie herauszukaufen. Familienzwiste unter Moguln vermögen globale Erschütterungen auszulösen. Zur Schadensbegrenzung meldeten Murdochs Blätter neue Erfolge der News Corporation.

Aus den Siegern, auch das zeigt das australische Beispiel, können schnell Verlierer werden wie Fairfax und Bond. Und die vielen Verlierer des Pokerns stehen schon fest: Es sind die Journalisten, die wegrationalisiert werden, und die Konsumenten, die keine Alternative zu den Monopolen und Meinungen von Moguln haben. Und schließlich: Sie alle, Zuschauer und Leser, finanzieren diese Soap- opera mit realem Hintergrund.

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