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Unsere Stadt soll schöner werden

Behörden-Arbeitsgruppe „Attraktive City“ entwirft neues Bettlerpapier: Schwarze Sheriffs und neue Kaufhauskonzepte  ■ Von Elke Spanner

Wer durch die Hamburger Innenstadt flanieren oder dort musizieren, Geld ausgeben oder betteln darf, könnte bald von der Gnade der Geschäftsleute abhängen. Denn Private sollen mittelfristig das Hausrecht über öffentliche Flächen übertragen bekommen. Das plant die Arbeitsgemeinschaft „Attraktive City“, wie aus einem internen „Ergebnisbericht“ hervorgeht, welcher der taz hamburg vorliegt. Damit drohen polizeiliche Aufgaben in die Hände der „Schwarzen Sheriffs“ privater Wachdienste gelegt zu werden.

Neben der Handels- und der Handwerkskammer, Grundeigentümern, dem Einzelhandel und der Gastronomie sitzen auch mehrere Behörden in dieser Arbeitsgruppe, die eine Vorlage an den Senat erarbeiten soll. Zwar enthält das Papier durchaus positive Ansätze. So wird etwa eine Verbesserung der HVV-Tarife, die Förderung des Wohnungsbaus in der geplanten Hafen-City und die „künstlerische Gestaltung“ des Eingangs zur Mönckebergstraße angestrebt.

Keinen Hehl macht die Arbeitsgruppe jedoch daraus, was unter einer „attraktiven City“ vor allem zu verstehen sei: „Die Hamburger Innenstadt hat von 1992-1996 rund 25 Prozent ihrer Besucher verloren“, heißt es vorab. „Dies gefährdet die Funktion der City akut.“ Deshalb soll schon ab dem 1. Januar 1999 ein City-Manager Maßnahmen zur „Gewinnung oder Rückgewinnung von Besuchern“ koordinieren. Insbesondere sollen „attraktive“ Gastronomiebetriebe angesiedelt, „hochwertige Formen des Wohnens“ gefördert und „neue Kaufhauskonzepte“ erarbeitet werden. Die Geschäfte, so schwebt den Planern vor, könnten „shop and go“-Dienste einrichten und den Kunden ihre Einkäufe nach Hause tragen. Vor allem aber sollen Sicherheitspartnerschaften ausgebaut und mehr Polizisten auf die Straße gestellt werden.

Schon zweimal kursierten in der Hansestadt sogenannte „Bettlerpapiere“, die sich mit der Attraktivitätssteigerung der City, damals noch „Maßnahmen gegen die Unwirtlichkeit“ genannt, befaßten. Während das erste Papier 1996 schließlich zurückgezogen wurde, liegt eine vom neuen rot-grünen Senat erarbeitete zweite Fassung heute dem Gesundheitsausschuß der Bürgerschaft zum Beschluß vor. Diese war im Frühjahr unter Mitwirkung des grünen Stadtentwicklungssenators Willfried Maier erarbeitet worden und hatte wegen innerparteilicher Differenzen zum Rücktritt der linken GAL-Abgeordneten Anna Bruns geführt.

Doch obwohl die von ihm geleitete Stadtentwicklungsbehörde in der AG „Attraktive City“ mitarbeitet, kannte Maier deren papierene Träume noch nicht, als ihn die taz gestern um eine Stellungnahme bat. Jegliche Aufregung über das Papier halte er für verfrüht, erklärte er wortkarg – trotz des Ansinnens, Privaten das Hausrecht über öffentliche Plätze zu verleihen. Mit ihm bleibe öffentlicher Raum öffentlicher Raum, versprach Maier. Mit dem Papier befassen wolle er sich indes erst, wenn es dem Senat zum Beschluß vorgelegt werde.

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