■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Wer nicht fragt ...

Wer nicht fragt, bleibt dumm... Vielleicht hat Rundfunkrätin Brigitte Dreyer (DAG) an den Kindereim gedacht, als sie einen Brief an Programmdirektor Hermann Vinke richtete. Warum hören die Bremer eigentlich lieber Antenne oder NDR, wollte sie wissen. Um dem Programmdirektor die Arbeit zu erleichtern, lieferte Dreyer die Zahlen gleich mit. 1998 hatte Antenne laut Medienanalyse im Land Bremen einen Marktanteil von 15,5 Prozent, das Jugendprogramm Radio Bremen 4 dagegen nur 13 Prozent. Auch der Vergleich NDR 1 (23,6 Prozent) und Hanseawelle (21,1 Prozent) fiel wenig schmeichelhaft aus. Dabei sah die Bilanz 1997 noch ganz anders aus. NDR 19,5 Prozent, Hansawelle 25,8 Prozent. „Wie erklären Sie sich die deutlichen Verluste der Hansawelle“, schrieb Dreyer an Vinke.

Der Programmdirektor leitete den Brief weiter an Werner W. Blinda, im Sender zuständig für Medienforschung. „Die Marktanteilsangaben sind korrekt“, schrieb Blinda in einem streng vertraulichen Brief zurück. „Wir wissen seit längerem, daß die Hansawelle erhebliche Probleme in der Bindung der Hörerschaft über den gesamten Sendetag betrachtet hat ... Die Entwicklung bei den Konkurrenzsendern NDR 1 und Antenne ist dagegen positiv, das dokumentiert sich in steigenden Minutenzahlen bei der Hördauer.“ Die Sitation des Senders habe sich zudem verschlechtert, weil auch Radio Bremen 4 „zu kränkeln anfängt“. Man müßte für die Beantwortung der Dreyerschen Frage eine Rangliste aus Hördauer und Marktanteilen zugrunde legen, schlug Blinda den Griff in die statistische Trickkiste vor. Auf diese Weise könnte die „Dynamik der negativen Trendentwicklung relativiert“ werden. „Meines Erachtens könnten die Fragen von Frau Dreyer u.a. wie folgt beantwortet werden“, heißt es weiter. „Auch wenn es richtig ist, daß sich die Rangfolge der marktanteilsstärksten Programme im Land Bremen zu Lasten Radio Bremens verändert hat, bleibt der deutliche Vorsprung Radio Bremens vor den konkurrierenden Sendern bestehen. Es bleibt also trotz der Positionsverschiebungen einzelner Programme bei einer aktuellen Marktdominanz von Radio Bremen“. Zum Schluß legte Blinda Vinke ans Herz: „Weitere Einzelheiten sollten meiner Einschätzung nach nicht genannt werden, zumal ohnehin aufgrund der noch fehlenden Detaildaten differenzierende Zielgruppenauswertungen bisher nicht möglich waren.“ Dann verriet Blinda dem Programmdirektor das, was der Rundfunkrat nicht erfahren sollte: „Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die aus der Medienanalsyse 1998 bekannte problematische Konkurrenzsitutation im Tagesablauf im Lande Bremen nicht (das Wort druckte Blinda tatsächlich fett) wesentlich verändert hat. Damals mußte festgestellt werden, daß NDR I im werktäglichen Vergleich bereits kurz nach acht Uhr mehr Hörer auswies als die Hansawelle, und nach 12.30 Uhr auch Radio Bremen 4 und Antenne von mehr Hörern eingeschaltet wurden als die Hansawelle.“

Gut, das diese Information doch noch den Weg aus dem Funkhaus gefunden hat. Denn wer keine Antworten bekommt, der bleibt dumm, und das will doch niemand. Oder?

Ihre Rosi Roland