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Clinton von Schröder angetan

Schröder sagt US-Präsident Unterstützung bei Plänen für Nato-Angriffe zu. Fischer verspricht Kontinuität in den deutsch-amerikanischen Beziehungen  ■ Aus Washington Peter Tautfest

„Wir haben ja jetzt sozusagen eine virtuelle Regierung“, seufzte Joschka Fischer, als er den designierten Bundeskanzlers Schröder am Freitag zu seinem Antrittsbesuch in Washington begleitete. Bill Clinton erklärte das Dilemma der deutschen Delegation fast besser als sie selbst: „Wenn ich das richtig verstehe“, antwortete er auf fragen nach einer deutschen Beteiligung an Militärschlägen gegen Jugoslawien, „verlangt das Grundgesetz, daß der Bundestag einem deutschen Truppeneinsatz im Ausland zustimmt.“ Zwar seien die alte Regierung und der alte Bundestag noch im Amt, hätten aber kein Mandat. Die neue Regierung gebe es noch nicht, und der neue Bundestag habe zwar das Mandat, sei aber noch nicht konstituiert. „Schröder hat jetzt mit der Regierungsbildung genug zu tun, wir sollten ihm heute seine Bürde nicht schwerer machen“, so Clinton.

Dieses Interregnum scheint der künftigen rot-grünen Regierung ganz recht zu sein. So muß sie die Entscheidung über einen Nato- Einsatz und über eine deutsche Beteiligung daran nicht treffen. Zwar äußerte Schröder in Washington seine Unterstützung für die Pläne für Nato-Angriffe auf Jugoslawien. Doch zugleich betonte er, die Entscheidung über den Aktivierungsbefehl liege noch beim Kabinett Kohl. Die SPD und die Grünen können so dem Streit ausweichen, ob es dazu eines gesonderten Beschlusses des UN-Sicherheitsrates bedarf.

„Wichtig ist nicht, daß wir diese Entscheidung in der Koalition hinkriegen,“ sagte der wahrscheinlich künftige Bundesaußenminister Fischer vor dem Weißen Haus, „wichtig ist, daß die Völkergemeinschaft das hinkriegt, Milosecic vom weiteren Völkermord abzuhalten.“ Fischer betonte, auch die neue Bundesregierung sei gegen eine Abspaltung des Kosovo von Jugoslawien. Es gehe um nur mehr Autonomie. „Die Bundesregierung ist voll handlungsfähig,“ versicherte ein hohes Mitglied der deutschen Delegation, das habe er auch dem jugoslawischen Botschafter signalisiert, „Zur Not aber finde der Militäreinsatz auch ohne die Deutschen statt. Was sind schon unsere 14 Tornados?“

Die Aufnahme von Joschka Fischer und Ludger Vollmer in Schröders Delegation sollten der US-Regierung signalisieren, daß die Positionen Schröders und der SPD die der ganzen Koalition seien. Über Kosovo sprach Clinton allerdings mit Schröder eine halbe Stunde lang allein. Erst dann traf sich die ganze Delegation bei geräuchertem Wild zum Arbeitsessen. Über das deutsch-amerikanische Verhältnis hat Clinton „ein gutes Gefühl.“ Er sei persönlich von vielen Ideen, die Schröder im Wahlkampf entwickelt habe, sehr angetan und stellte ihn in eine Reihe mit dem britischen Premier Tony Blair und sich selbst. „Wir arbeiten alle daran, unsere Länder auf diese neue globale Wirtschaft und Gesellschaft einzustellen, die aber ein menschliches Antlitz bewahren muß. Wir brauchen dazu kühne Experimente und wir müssen Neues ausprobieren.“

Fischer glaubt dem Präsidenten das: „Wenn wir eine ökologische Steuerreform hinkriegten, die hiesige Administration wäre neidisch. Clinton würde hier auch die Energie gern höher besteuern, scheiterte aber am Widerstand.“ Laut Fischer werde sich an der engen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA unter einem grünen Außenminister nichts ändern. Sie sei neben der europäischen Integration die zweite Säule deutscher Außenpolitik.

Auch über die Weltwirtschaft und die Türkei wurde geredet. Die EU sei eine Werte- und nicht eine Religionsgemeinschaft, der Aufnahme der Türkei stehen Menschenrechtsfragen wie die Behandlung der Kurden entgegen. Die deutsche Position sei im Weißen Haus verstanden worden, versicherte Fischer.

„Es geht nicht, daß einige Spekulanten ganze Volkswirtschaften ruinieren, und dann muß der Steuerzahler das wieder geradebiegen,“ erklärte Schröder zu den Gesprächen über die Weltfinanzmärkte. „Und die Weltfinanzkrise kann nicht losgelöst von deren menschlichen und ökologischen Folgen angegangen werden,“ ergänzte Fischer, „das sieht man im Weißen Haus auch so.“ Er glaubte auch ein deutliches Interesse der US-Regierung an globalen ökologischen Fragen zu erkennen.

Der meist mißmutig abseits stehende Vollmer resümierte seinen Besuch so: „Für uns ist ein Treffen im Weißen Haus ein Arbeitstermin wie jeder andere. Wir sind nicht mit Ehrfurcht und heiligen Schauern hergekommen, aber ein gutes deutsch-amerikanisches Verhältnis ist schon eine solide Grundlage für einen Regierungsbeginn.“

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