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„Ninja“-Killer am Werk

■ Eine Serie von Morden in Java reißt nicht ab. Opfer sind vor allem muslimische Geistliche

Bangkok (taz) – Mysteriöse Mordserie im Osten von Java: Über 130 muslimische Geistliche und Wunderheiler sind in den letzten Wochen ermordet worden. Viele wurden grauenhaft zerstückelt. Wie zum Hohn hatten die Täter einige der Toten auf Bäume gehängt. Andere Leichen wurden in Moscheen gefunden.

Niemand weiß bislang, wer hinter den Anschlägen steckt. Die Männer sollen schwarze Masken und Kleidung tragen sowie mit Messern und Sicheln bewaffnet gewesen sein. Die Bewohner haben sie aus diesem Grunde „Ninja“- Killer getauft.

In Banyuwangi, wo besonders viele Menschen ermordet wurden, haben verängstigte und zornige Bewohner begonnen, Bürgerwehren zu organisieren und aufzustellen. Sie patrouillieren zusammen mit Polizisten und Soldaten durch die Stadtviertel. Andere stellen sich an den Zufahrtsstraßen auf, um verdächtige Fremde fernzuhalten.

Zunächst hieß es, die Opfer seien „Hexer“ und „Zauberer“. Nun kristallisiert sich heraus, daß die Attacken vor allem gegen Mitglieder der muslimischen Nahdlatul Ulama (NU, Gemeinschaft der Religionslehrer) gerichtet sind. „Das ist organisierter Terror gegen Muslime“, glaubt der Chef der ostjavanischen Region der NU, Hasyim Muzadi.

Die NU mit ihren rund 30 Millionen Mitgliedern ist die größte muslimische Organisation Indonesiens und der Welt. Sie vertritt den traditionellen Flügel des indonesischen Islam, der vor allem auf dem Lande verwurzelt ist und sich über die Jahrhunderte mit lokalem Geisterglauben vermischt hat. Die NU-Geistlichen in den Dörfern sind häufig auch traditionelle Heiler, die mit Pflanzenkräutern und Magie arbeiten.

Ein Motiv für die Morde bleibt bislang im dunkeln, statt dessen brodeln Gerüchte. Der Chef der nationalen Polizei, Generalleutnant Rusmanhadi, griff zum Beispiel in die ideologische Mottenkiste und beschuldigte „Kommunisten“, sich für Pogrome vor dreißig Jahren rächen zu wollen.

Andere Beobachter mutmaßen, es handele sich um einen innermuslimischen Konflikt: Puristische Muslime versuchten, ihre Religion von angeblich unreinen Praktiken zu säubern.

Menschenrechtsgruppen in Jakarta fürchten jedoch, daß die Morde das Ziel haben, vor den Wahlen im nächsten Jahr Angst und Schrecken zu verbreiten. Die „Ninjas“ aus Ost-Java hätten große Ähnlichkeit mit den paramilitärisch organisierten Banden, die bei den schweren Unruhen von Jakarta im vergangenen Mai Brände gelegt und Frauen vergewaltigt haben sollen. Jutta Lietsch

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