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Gutes tun und dran verdienen

Prozeß gegen Ex-Schatzmeister des HSV wegen Veruntreuung: Jürgen Engel zweigte bei Immobiliendeal 993.000 Mark für sich ab  ■ Von Elke Spanner

Jürgen Engel wollte Gutes tun. Dem Hamburger Sportverein (HSV), einigen seiner Profi-Kicker und ein kleines bißchen vielleicht auch sich selbst. 993.000 Mark Provision verdiente er daran, daß er drei Immobiliengeschäfte an den HSV vermittelte. Daß sich der Kaufpreis für den Verein um exakt diese Summe erhöhte, störte den Schatzmeister des HSV nicht. Der kaufte trotzdem.

Und dafür steht Jürgen Engel seit gestern vor dem Hamburger Amtsgericht. Denn er war damals nicht nur der Vermittler, er war auch der Käufer und Schatzmeister – und hatte für, nicht gegen den Verein und dessen Vorstandsvorsitzenden, „meinen Freund“ Uwe Seeler zu arbeiten.

Der HSV ist nicht nur ein Fußballverein, er ist auch ein Wirtschaftsunternehmen, und in Saal 142 des Amtsgerichtes geht es deshalb ausschließlich um Konten, steuerliche Berechnungen und geschäftliche Beziehungen. Engel versucht dem Gericht Glauben zu machen, er habe die Immobilien nicht für den Verein, sondern als Kapitalanlage für einzelne Spieler erworben. Für den Kicker Jacob Friis-Hansen zum Beispiel, der 700.000 Mark im Jahr verdiente und statt des Geldes Wohnungen und Läden im mecklenburgischen Plau am See bekommen sollte.

Steuerlich hätte das für den HSV sogar ganz erhebliche Vorteile gehabt, holt Engel zu einem wirtschaftsrechtlichen Vortrag aus, bis Amtsrichter Michael Kaut ihn stoppt: „Entscheidend ist allein, daß Sie sich auch eine Scheibe abgeschnitten haben“, belehrt er Engel und fragt: „Haben Sie die Provision kassiert?“ Engels Antwort: „Natürlich“.

Sollte er verurteilt werden, droht Engel wegen Untreue eine Gefängnisstrafe. Der ehemalige Schatzmeister war im Mai 1997 aus dem Vorstand des HSV zurückgetreten, nachdem Der Spiegel den Provisionsdeal bekanntgemacht hatte. Zuvor war der 62jährige Kaufmann und Hotelier bereits wegen dubioser und bis heute ungeklärter Gehaltsvorauszahlungen an Trainer und Spieler sowie wegen privater Geschäfte mit HSV-Fanartikeln in die Schlagzeilen geraten. Der Verein klagt zur Zeit vor dem Zivilgericht gegen Engel auf Herausgabe der Provision.

Eine wirtschaftliche Einbuße, so beteuerte dieser gestern, sei dem HSV indes gar nicht entstanden. Die drei Immobilien im Gesamtwert von 19,2 Millionen Mark waren im Juni 1997 nämlich zum Einstandspreis wieder veräußert worden. Die Käufergruppe blieb damals offiziell ungenannt.

Vor dem Amtsgericht gab Engel nun gestern zu, daß er selbst und sieben weitere Geschäftsfreunde die Immobilien dem Verein abgekauft hätten. Somit wäre dem HSV gar kein Schaden entstanden. Und die Provision wäre nur ein Durchlaufposten gewesen. Auf Engels Privatkonto.

Das Urteil soll heute gesprochen werden.

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