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Ordner mißhandelte Fan

■ HSV-Fan bezog im Stadion Prügel von Werder-Aufpasser: 500 Mark Schmerzensgeld

Der Mann, der wegen gefährlicher Körperverletzung auf der Anklagebank sitzt, fühlt sich unschuldig. Beim Bundesligaspiel Werder Bremen gegen den HSV im November 1996 soll der Ordner zwei Fans getreten und geschlagen haben. Ein Fan lag laut Anklageschrift wehrlos am Boden. Der 22jähriger Versicherungskaufmann aus Hamburg, erlitt einen Rippenanbruch. Der zweite HSV-Fan, ein 21jähriger Wehrpflichtiger, trug eine blutige Nase davon.

„Die Vorwürfe muß ich vehement bestreiten“, sagt der Angeklagte. Die HSV-Fans, die nur Stehplatzkarten gehabt hatten, hätten den Block 17/19 „gestürmt“ und sich dort hingesetzt. Auch nach der Kartenkontrolle hätten sie sich geweigert, die Plätze zu verlassen. Er habe nur von seinem „Notwehrrecht Gebrauch gemacht“. Gegen den Strafbefehl, in dem eine Geldstrafe von 5.000 Mark festgesetzt war, hat er Einspruch eingelegt.

Die Version der Fans hört sich anders an. Der Ordnungsdienst hätte sie angewiesen, sich einen Platz im Block 17/19 zu suchen, weil der Stehplatzbereich „brechend voll“ gewesen sei. Die Ordner in diesem Block hätten sie nach einer Kartenkontrolle allerdings wieder die Treppen hinuntergestoßen und getreten.

Ein Ordner, Kollege des Angeklagten, widerspricht dieser Darstellung. „Körperliche Gewalt“ habe es „eigentlich nicht gegeben“, versichert er. Aber: „Da gab's schon mal ein bißchen einen mit“, widerspricht er sich im nächsten Moment. Auf Nachfrage des Richters gibt er an, daß er damit „Schläge auf den Nacken“ und „in den Magen“ meine. „Sie haben das ganze verharmlost“, sagt der Richter.

Dieser Auffassung sind auch die Zeugen vom Fan-Projekt aus Hamburg und Hannover. Der Ordner habe einen der Fans „mit Schlägen und Tritten die Treppe hinunterbefördert“, sagt ein Lehrer aus Hannover. Der Fan, der noch nie als gewalttätig aufgefallen sei, habe sich nicht gewehrt.

Auch ein Mitarbeiter des Fan-Projektes aus Hamburg, ein Pädagoge, bestätigt diese Version. Er habe den angeklagten Ordner angesprochen. „Wir hier in Bremen lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen“, zitiert er seine Antwort vor Gericht. Daß der Ordner einem HSV-Fan, der am Boden lag, in die Rippen getreten haben soll, haben die Mitarbeiter des Fan-Projektes dagegen nicht gesehen. Einstellung gegen Geldbuße von 1.000 Mark schlägt die Staatsanwältin vor. Der Ordner will nicht. Er fühlt sich unschuldig. Erst als der Richter andeutet, daß er bei einem Urteil mit einer höheren Strafe zu rechnen habe, willigt er ein. 500 Mark Schmerzensgeld muß er an den Fan zahlen, der die blutige Nase davongetragen hat. Als der Ordner den Gerichtssaal verläßt, sagt er: „So ist das, wenn man Recht vertritt.“

Die Ordner von Werder Bremen kommen von der Firma Elko & Werder-Security. Werder ist Mitinhaber der Firma. „Vernünftiges Auftreten, vernünftige Umgangsformen und keine Scheu vor Menschen“ seien die Grundvoraussetzungen um Ordner zu werden, sagt Jörn Gaetjen von Elko. Der Angeklagte sei bei einem Subunternehmer beschäftigt. Ordner, die als Schläger überführt seien, würden nie wieder im Stadion eingesetzt, versichert er. kes

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