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Kritik an Steuerpolitik der Koalition

■ Grünen-Sprecher Schlauch beschuldigt SPD, Änderungen nicht abzusprechen. Wirtschaftsminister Müller will Mittelstand fördern

Bonn (dpa) – In der rot-grünen Koalition in Bonn zeichnet sich ein erster Streit in der Steuerpolitik ab. Der Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Rezzo Schlauch, warf der SPD in einem Zeitungsinterview vor, bei der Gegenfinanzierung der Steuerreform das ausgehandelte „Paket nach Gusto wieder aufschnüren“ zu wollen. Schlauch verwies auf SPD-Ankündigungen, nach denen das Streichen von Steuervergünstigungen für Landwirte und Besitzer von Jahreswagen wieder zurückgenommen werden soll. Dies sei einfach verkündet und nicht mit den zuständigen Gremien abgesprochen worden.

Nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Walter Müller müßten auch die energieintensiven Betriebe des Mittelstandes von der geplanten Energiesteuer ausgenommen werden, bis es eine europaweite Regelung gebe. Dies sei sein „dringender Rat“, sagte der parteilose Politiker im Gespräch mit dem Spiegel. Müller warnte vor Arbeitsplatzverlusten: „Es macht keinen Sinn, wenn wir jetzt in Deutschland kleine gegenüber großen energieintensiven Unternehmen benachteiligen.“ Ausnahmen sind bisher nur für Industriebetriebe vorgesehen.

Weitere Nachbesserungen verlangte der Minister bei der geplanten Unternehmensbesteuerung. Die Abgabensätze für Unternehmenseinkünfte müßten früher auf die vereinbarten 35 Prozent gesenkt werden, forderte Müller. „Das wäre ein deutliches Signal an ausländische Investoren.“ Der SPD habe es an Mut gefehlt.

Als „nicht verfassungskonform“ hat der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) die Steuerreformpläne der SPD bezeichnet. In einem Interview des Magazins Focus kritisierte Faltlhauser insbesondere die vorgesehenen Kürzungen beim Ehegatten-Splitting, das nach seiner Ansicht „keine disponible Steuervergünstigung“ sei. Als verfassungsrechtlich bedenklich stuft Faltlhauser auch die geplante unterschiedliche steuerliche Behandlung von gewerblichen und privaten Einkünften ein: „Eine solche Spreizung zwischen den verschiedenen Steuerarten ist einfach nicht hinnehmbar.“

Die Nationale Armutskonferenz bezeichnete die Steuerpläne der Bundesregierung als nicht ausreichend. Die Konferenz ist ein Zusammenschluß von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und Selbsthilfegruppen. Die Sprecherin der Organisation, Erika Biehn, sagte, der steuerliche Grundfreibetrag müsse so angehoben werden, „daß es ein echtes Existenzminimum ist“. Dann habe auch „der kleine Mann“ etwas davon. Der im Koalitionsvertrag genannte Freibetrag von maximal rund 14.000 Mark sei „überhaupt nicht ausreichend“. Er müsse bei etwa 17.000 Mark oder noch höher liegen.

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