: Interviews gefährden die Sicherheit eines Flüchtlings
■ Karlsruhe gibt Klage eines iranischen Asylbewerbers statt, der sich im Fernsehen exponierte
Freiburg (taz) – Fernsehauftritte von politisch Verfolgten können eine neue Gefährdung verursachen. Darauf wies gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hin und gab damit der Klage eines Asylbewerbers aus dem Iran statt.
Der Mann war im Jahr 1993 nach Deutschland gekommen, hatte aber mit seinem Asylantrag keinen Erfolg. Nicht einmal Abschiebeschutz wurde ihm gewährt, obwohl er nach einem Interview im Offenen Kanal Dortmund neue Gefahren bei einer Rückkehr in den Iran befürchtete. Mit dem Interview, so das Verwaltungsgericht in Arnsberg, hebe sich der Mann „nicht aus der großen Masse der iranischen Asylbewerber heraus, die allgemein mit den politischen Verhältnissen im Iran unzufrieden seien.“ Das Verwaltungsgericht wollte sich nicht einmal eine Aufzeichnung des Interviews ansehen.
Diese Begründung wertete eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts nun aber als „willkürlich“. Hier fehle, so die Roten Roben, „jegliche Darlegung, welche Kriterien zur Abgrenzung zwischen unbedeutenden und bedeutenden exilpolitischen Aktivitäten herangezogen wurden.“ In Karlsruhe jedenfalls scheint man Fernsehauftritte von Flüchtlingen eher als etwas besonderes anzusehen.
Die Verfassungsrichter wiesen außerdem darauf hin, daß die Tätigkeit von Flüchtlingen im Exil zwar asylrechtlich nur dann „beachtlich“ sei, wenn damit Aktivitäten aus dem Heimatland fortgeführt würden. Für den Abschiebeschutz könne dieser strenge Maßstab aber nicht automatisch übernommen werden. Nun muß in Arnsberg neu über den Schutz des Iraners verhandelt werden. (2 BvR 1328/96)Christian Rath
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen