: Gerettetes Symbol
■ Von der Semper-Synagoge blieb nur ein Davidstern übrig – dank der Feuerwehr
Das ging Alfred Neugebauer gegen die Berufsehre. Schließlich war er Feuerwehrmann. Einer, der Brände löschen will. In der Nacht zum 10. November durften er und 50 Kollegen das aber nicht: Lediglich das Übergreifen des Feuers auf die umliegenden Häuser sei zu verhindern, lautete der Einsatzbefehl. SA-Trupps und wildgewordene Dresdner sollen dem „heißen Spektakel“ gröhlend beigewohnt haben. Schließlich besorgte sich der Mob Trophäen der Tat für Führer und Rasse: zwei vergoldete Davidsterne, die auf den Türmen der Synagoge vom Heiligtum der Juden gekündet hatten.
Ein Stern wurde im Polizeipräsidium abgegeben, der andere ging als „Dank“ an die Feuerwache in der Annenstraße. Dort war niemand begeistert. Viele Feuerwehrleute waren ehemalige SPD-Anhänger, die das Treiben der Nazis insgeheim ablehnten. Der Stern verschwand in einer Kiste auf dem Dachboden, die mit Luftschutzsand aufgefüllt wurde.
Im Frühjahr 1939 schmuggelte Neugebauer den Davidstern auf einen Dachboden in der Neustadt, wo er ihn hinter einer Tischplatte versteckte. Neugebauer haßte die Nazis wegen ihres Antisemitismus. In der elterlichen Wohnung hatten seit jeher jüdische Studenten zur Untermiete gewohnt, die für ihn alles andere als „Untermenschen“ waren. 1949 holte Neugebauer den Davidstern wieder hervor und übergab ihn der jüdischen Gemeinde. Die war erstaunt: Der Stern war das erste und bis heute einzige, was von der Semper-Synagoge übrigblieb. Seit 1950 schmückt der Davidstern die Interimssynagoge. Doch schon bald soll er wieder seinen Platz in Dresdens Mitte finden, auf der neugebauten Synagoge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen