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Schlappe für Venezuelas Ölbonzen

■ Kein Vertrauen ins Establishment: Ex-Putschist, Populist und Ex-Miß-Universum gewinnen Kongreß- und Regionalwahlen

Caracas (AFP/AP) – Bei den Wahlen in Venezuela zeichnet sich ein Erfolg des Ex-Putschisten Hugo Chavez ab. Ersten Ergebnissen zufolge gewann seine von mehreren Linksparteien unterstützte Wahlbewegung Fünfte Republik am Sonntag 7 der 23 Gouverneursposten; die sozialdemokratische Partei Demokratische Aktion (AD) kam auf 8, die christdemokratische Copei auf 5 Sitze.

Unübersichtlich war die Lage zunächst in den beiden Kammern des Kongresses. Chavez' Anhänger behaupteten, auch hier eine Mehrheit errungen zu haben und sprachen von einem „Triumph“. Die AD kam den vorläufigen Ergebnissen zufolge auf 22 Prozent, die konservative Partei Copei auf 11 Prozent. Viele Menschen werfen diesen beiden Parteien vor, den auf riesigen Ölvorkommen beruhenden Reichtum des Landes nicht gerecht zu verteilen. Mehr als die Hälfte der 20 Millionen EinwohnerInnen leben unterhalb der Armutsgrenze.

Der Urnengang galt als Test für die Präsidentschaftswahl am 6. Dezember, bei der in Umfragen Chavez führt. Der 44jährige Soldat Chavez hatte im Februar 1992 einen Putschversuch gegen die als korrupt geltende gewählte Regierung in Caracas unternommen und wird von Millionen Bauern und BewohnerInnen von Armensiedlungen unterstützt. Nicht nur er ist jetzt auf der Siegerstraße: Nach der Auszählung von knapp 60 Prozent der Stimmen lag dem Nationalen Wahlrat zufolge auch der Vater von Chavez bei der Gouverneurswahl im südwestlichen Bundesstaat Barinas vorn. Der wie Chavez wegen Militärputschversuchs aus der Armee entlassene Oberstleutnant Francisco Arias Cardenas führte im ölreichen Bundestaat Zulia.

Die Nationale Übereinstimmung (CN) des amtierenden Präsidenten Rafael Caldera konnte nur einen Gouverneursposten erringen. Der wegen Veruntreuung von Staatsgeldern unter Hausarrest gestellte ehemalige Präsident Carlos Andres Perez, gegen den Chavez 1992 geputscht hatte, verkündete, er sei im Bundesstaat Tachira zum Senator gewählt worden. Damit würde der 76jährige parlamentarische Immunität genießen.

Chavez' größter Herausforderer, der parteiunabhängige Henrique Salas Romer, kann zwar voraussichtlich nur in einem Bundesstaat, Carabobo, den Gouverneur stellen. Seine Formation Proyecto Venezuela habe aber bei den Kongreßwahlen gut abgeschnitten und sei drittstärkste Kraft geworden, sagte er. Die ehemalige Miß Universum und Präsidentschaftskandidatin der Copei, Irene Saez, gab sich ebenfalls siegessicher.

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