Ökosteuer könnte Atomausstieg erleichtern

■ Wenn die Mineralölsteuer auf Gas wegfiele, könnte Strom aus Gas billiger werden als der aus AKW. Nun streiten Grüne und SPD darüber, ob die Steuer abgeschafft werden soll oder nicht

Berlin (taz) – Details können entscheidend sein. Ein Detail der neuen Ökosteuer etwa könnte die Position der Bundesregierung bei den künftigen Energiekonsensgesprächen über den Atomausstieg entscheidend verbessern – oder auch eben nicht. Es geht um die Besteuerung von Erdgas: Dies wird bislang mit einer Steuer belegt, die den Strom aus Erdgas zur Zeit um 0,7 bis 0,8 Pfennig pro Kilowattstunde verteuert.

Nun steht im Koalitionsvertrag zur Ökosteuer: „In der Stromerzeugung eingesetzte Energieträger werden ausschließlich über die Besteuerung des Stroms erfaßt.“ Also fiele die Gassteuer im Kraftwerk künftig weg, sagen die Grünen. Die SPD versteht das freilich anders: Diese Befreiung im Koalitionsvertrag gelte nur für die neuen zusätzlichen Ökosteuern, nicht für die bestehende Mineralölsteuer auf Gas.

Dieser Konflikt ist keine Kleinigkeit: Gasheizkraftwerke, sogenannte Gas- und Dampfturbinen- Kraftwerke (GuD), sind derzeit die härteste Konkurrenz für Kraftwerke, die mit Kohle oder Atomkraft laufen. Fiele die Gassteuer nun weg, könnten das die 0,7 Pfennig sein, die Strom aus Gas billiger machen würden als den aus bereits abgeschriebenen AKW. „Wenn die Gassteuer bliebe“, fürchtet Axel Bühler, grüner Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft, „gefährdet das den entschädigungsfreien Atomausstieg“.

Der Energieexperte hat Erfahrung mit dem Thema. Seit einiger Zeit versucht er in Hamburg zusammen mit kritischen Aktionären der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), die HEW zum Ausstieg aus der Atomenergie zu zwingen. „Ein abgeschriebenes Atomkraftwerk hat Stromkosten in der Großenordnung von 5 Pfennig pro Kilowattstunde“, rechnet Paul Grosse-Wiesmann, Energieberater und kritischer HEW-Aktionär vor. Bei den derzeitigen Gaspreisen lägen die Kosten für Gasstrom ohne die Extra-Gassteuer bei 4,8 bis 5,9 Pfennig, inklusive der Kosten für den Kraftwerksbau. Fazit: Ein Wegfall der Gassteuer würde das Gerede der Atomlobby von Entschädigung obsolet machen, da sie ohne bedeutende finanzielle Verluste auf Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke umsteigen könnten. Dieselbe Bedrohung gilt auch für die subventionierte Kohle, was auch dem Bundesfinanzministerium schon aufgefallen ist: Intern stemmt es sich strikt gegen einen Wegfall der Gassteuer, weil das „das Wettbewerbsverhältnis zwischen den zur Stromerzeugung eingesetzten Energieträgern zuungunsten der Kohle beeinflussen würde“. Genau wie beim Atomausstieg könnte der Preisunterschied von rund 13 Prozent für Gasstrom ohne Gassteuer auch bei der Kohlegrube Garzweiler II den Unterschied zwischen rentabel und unrentabel machen. Gestern feilschten SPD und Grüne immer noch um die Details. Die endgültige Regelung wird am Montag erwartet. Matthias Urbach