Kosten der Vergangenheit

■ Suche nach jüdischen Schweizer Konten kostet die Schweizer Banken eine Milliarde

Genf (dpa/taz) – Die Arbeit der Volcker-Kommission zur Suche nach nachrichtenlosen Konten von Holocaust-Opfern in der Schweiz kostet die Banken des Alpenstaats schätzungsweise eine Milliarde Franken (1,2 Milliarden Mark). Das bestätigte gestern die Sprecherin der Schweizerischen Bankiervereinigung, Sylvia Matile. Bei einigen Bankiers habe sich bereits Unmut über die Dauer und die Kosten des Suchprozesses eingestellt, der 1996 begonnen hatte und noch bis Ende März 1999 dauern soll.

Die Kosten für die Kontenrevision in den Schweizer Geldinstituten entstehen unabhängig von dem 1,25-Milliarden-Dollar-Vergleich, der im vergangenen August zwischen den Großbanken UBS und Credit Suisse und jüdischen Sammelklägern in den USA ausgehandelt worden war. Die Vertreter der Kläger hatten ursprünglich 20 Milliarden Dollar von den Schweizer Banken gefordert. Die Geldinstitute hatten bei Geldanlagen jüdischer Kunden nach deren Ermordung durch die Nazis das Bankgeheimnis angeführt, um die Auszahlung der Werte an die Erben der Kontoinhaber zu verhindern. Erst der Druck durch den US-Senator Alfonse d'Amato und eine zweibändige Untersuchung des amerikanischen Außenministeriums ließen die Banken einlenken. Vor einigen Monaten veröffentlichten sie in Zeitungen lange Listen mit den Namen von Inhabern der sogenannten nachrichtenlosen Konten.

„Was der Bankplatz Schweiz ganz sicher will, ist Transparenz, eine umfassende und abschließende Aufklärung darüber, was vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg geschah“, sagte Matile. Nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage der Bankiervereinigung hat die Debatte über die Rolle der Banken während des Zweiten Weltkriegs dem Image der Geldinstitute auch im Inland geschadet. Laut Umfrage sind nur noch 37 Prozent der Schweizer der Meinung, daß die Banken zum guten Ruf der Schweiz im Ausland beitragen. 1995 hatte dieser Wert noch bei 73 Prozent gelegen.

Die Kontroverse um die Rolle der Banken in der Nazizeit hatte in der Schweiz eine Welle des Antisemitismus, aber auch eine aktive Haltung gegen diese Tendenz ausgelöst. Das war das Ergebnis eines Berichts, den die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) im Juni vorlegte. Die latent vorhandenen antisemitischen Vorurteile in der Bevölkerung seien durch die Diskussion an die Oberfläche gelangt, hieß es.