„Das wird die Innenstadt schädigen“

■ Vor der Bürgerschaftsdebatte: Karstadt-Geschäftsführer Kirsch kritisiert geplantes Einzelhandels-Zentrum Space Park

taz: Die Bremer Stadtentwicklung steht unter Druck, es soll etwas passieren, um die Wirtschaftskraft zu stärken. Die Bremer Bürgerschaft wird deshalb heute eine Blanko-Unterschrift für den Space Park geben. Können Sie das nicht nachvollziehen?

Günter Kirsch, Karstadt-Geschäftsführer: Ich sehe diesen Druck nicht. Ich sehe, daß die Bremer Politik den Auftrag hat, über die Investition die Steuerkraft Bremens zu stärken. Und da frage ich als Kaufmann: Mit welchem return of invest kann ich aus dieser Investition die Steuerkraft stärken? Die Frage scheint mir nicht gründlich beantwortet zu sein.

Bremen gibt mindestens 300 Millionen für den Space Park aus, Grundstückssubventionen nicht gerechnet.

Es gibt keinen Druck, bedingungslos Steuergelder auszugeben. Ich weiß nicht, was die öffentliche Hand für eine Rendite-Erwartung hat aus diesen Subventionen.

Was hat Ihnen der Wirtschaftssenator denn gesagt dazu?

Wir haben in der Handelskammer mit Prof. Haller diskutiert. Wir haben immer gesagt: Wenn mit der Investition in den Tourismus eine Stärkung von Bremen verbunden ist, dann ist das richtig. Der Bau der Messehallen zum Beispiel hat spürbar etwas gebracht. Aber wer die Verkaufsflächen in Bremen vergrößert, wird weniger die Kaufkraft von außerhalb der Landesgrenzen holen als bestehende integrierte Einkaufsflächen schwächen. Die Innenstadt wird durch diese Planungen beschädigt, und weil man das weiß und in Kauf nimmt, wurde der Reparaturfonds von 100 Millionen Mark beschlossen. Da kommt der Reparateur, bevor der Schaden angerichtet worden ist, könnte man scherzen, aber die Maßnahmen, die da finanziert werden, sind zum Großteil alte Hüte, die die Innenstadt schon längst verdient hat.

Frau Dr. Pohl, eine Mitarbeiterin des Wirtschaftssenators, hat geringe Folgen für die City prognostiziert.

Wenn man Streitfragen hat, sollte man sich auf einen gemeinsamen und unabhängigen Gutachter einigen. Hier hat man den Haus- und Hofgutachter herangezogen, der auch für Köllmann das bestellte Gutachten macht. So darf man nicht mit Investoren umgehen.

In den Space Park sollen amerikanische oder englische Geschäfte kommen mit Marken, die es bisher nicht gibt in der Region.

Ich komme dann gern in drei Jahren, um zu sehen, welche gut laufenden Marken wir bei Karstadt bisher nicht haben. Aber im Moment sehe ich noch nicht, daß französische oder englische Geschäfte hier investieren. Die Rendite in den europäischen Nachbarländern ist erheblich besser. Aldi geht nach Frankreich, Lidl sogar bis nach Portugal, aber nur ganz wenige sind bisher auf den hart umkämpften deutschen Markt gekommen.

Es wird ja erwartet, daß 44.000 Quadratmeter Einzelhandel da belegt werden. Ich bin gespannt, wie es gelingen wird, dahin überhaupt Investoren zu holen.

Warum?

Wenn man die Ankündigungen der Metro-AG zur Kenntnis nimmt, dann weiß man, wie viele Leerstände es demnächst hier geben wird, zusätzlich zu den bestehenden: Das Dyckhoff-Gebäude steht zur Vermietung an, denn die Firma Ansonst, eine Tochter von P&C, kommt nicht. Demnächst wird die Kaufhalle leerstehen an dem berühmten, aufgewerteten Brill. Dazu kommen Leerstände in Bremen-Nord, Kaufhof Bremerhaven. Fachmärkte stehen auf der Liste bei der Metro. Das ist das Signal, daß dieser Markt relativ schwach ist.

Peek&Cloppenburg wollte in Bremen ja sein Geschäft ausweiten und verzichtet nun mit Hinweis auf die Schwerpunktsetzung außerhalb der City darauf.

Es ist bekannt, daß Investoren sehr zurückhaltend geworden sind. Traditionelle Arbeitsplätze werden vernichtet, ganz bewußt, und keiner kann hinterher sagen, er hätte es nicht gewußt. In derselben Sitzung, in der das Parlament über den Space Park beschließt, wird ja auch nochmal über den Vulkan geredet. Vielleicht wird das ja auch der neue Vulkan da Fragen: K.W.