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Frauen werden kaum gefördert

Das niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz hat in den Verwaltungen keine Chance. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

In den Gleichstellungs- oder Gleichberechtigungsgesetzen fast aller Bundesländer sind sie als ein zentrales Instrument vorgesehen: Frauenförderpläne sollen in Verwaltungen und Gemeinden die Unterrepräsentanz von Frauen vor allem in den höheren Besoldungsgruppen beseitigen.

Eine Studie der Hans-Böckler- Stiftung hat in Niedersachsen eine repräsentative Auswahl der dortigen Förderpläne genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis nennt die niedersächsische Frauenministerin Heidi Merk „schonungslos“. Die Anforderungen des Gleichberechtigungsgesetzes werden in den Verwaltungen, Behörden und Gebietskörperschaften des Landes in großem Stil unterlaufen. Noch nicht einmal die Hälfte der Förderpläne entsprechen den gesetzlichen Mindestanforderungen, lautet das Fazit der Studie, die Maria Oppen und Elke Wichmann vom Wissenschaftszentrum Berlin für die Hans-Böckler- Stiftung verfaßt haben.

Das niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz verpflichtet alle Dienststellen des Landes, die Kommunen, Landkreise und auch Körperschaften öffentlichen Rechts, wie etwa die öffentlichen Versicherungen und Sparkassen, Stufenpläne zur Frauenförderung zu erstellen. Dies müssen neben einer Bestandsaufnahme der Beschäftigtenstruktur und einem Überblick über freiwerdende Stellen auch die „personellen, organisatorischen und fortbildenden Maßnahmen enthalten, mit denen die Unterrepräsentanz von Frauen abgebaut werden soll“. Von den 134 in Niedersachsen untersuchten Frauenförderplänen führten lediglich zwei Drittel in den kommenden Jahren freiwerdende Stellen auf. Nur knapp die Hälfte enthielt konkrete Zielvorgaben zur Frauenförderung bei der Wiederbesetzung von Stellen.

Eine zielgerichtete Entwicklung von Maßnahmen zur Frauenförderung sei in den Plänen „die Ausnahme und nicht die Regel“, so die Studie. Die Analyse der Beschäftigungstrukturen zeige zwar ohne Ausnahme eine drastische Unterrepräsentanz von Frauen in den höchsten Vergütungs und Besoldungsgruppen. Sechzig Prozent der Frauenförderpläne enthielten jedoch keinerlei Hinweise auf die Ursachen dieser Unterrepräsentanz. Die Autorinnen der Studie sehen in den Frauenförderplänen bei Sparkassen und Versicherungen noch am ehesten die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Überdurchschnittlich hoch lagen sie auch in den größeren Kommunen.

Die niedersächsische Frauenministerin gestand gestern ein, daß die Anforderungen des Gleichberechtigungsgesetzes oftmals nicht einmal auf dem Papier erfüllt werden. Sanktionsmöglichkeiten enthalte das Gesetz allerdings nicht, sagte Merk. Als „Impertinenz oder schlichte Frechheit“ wertet Merk den Umstand, daß einige ihrer Kabinettskollegen ihre Frauenförderpläne unter Verschluß halten und für die Studie nicht zur Verfügung gestellt haben.

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