: „Bei Biostrom wird's dunkler“
■ Zweite Öko-Messe Ökologa in Oldenburg mit vielen Highlights
Biokäse sinnlich erleben, Naturfarben aus Krabbenschalen und Sanddornwein – soll einer sagen, bei Ökos gäbe es nichts Verblüffendes mehr zu entdecken. Vom latzhosigen Waldschrat-Flair der späten 70er Jahre haben sich inzwischen viele Produkte bis hin zum edlen Wohnaccessoire gemausert. Davon konnte man sich am vergangenen Wochenende auf der Oldenburger Ökologa überzeugen, der zweiten Ökomesse für die Region Nordwest: Ideen und Produkte von erschwinglich bis exquisit, angeboten von insgesamt 112 Ausstellern.
Neben den Klassikern der Ökobewegung gab es zahlreiche Neuigkeiten aus den Bereichen Naturkost, Baubiologie und Energietechnik: Komplettkonzepte für Passivenergiehäuser, die „Wattendelikatessen“ (keine Würmer!) oder erstaunliche Heilerfolge einer Neurodermitis-Selbsthilfegruppe.
Der Schwerpunkt lag neben der Naturkost im Bereich Bauen und Wohnen. Dort liegt noch viel Potential, da die Kosten für ökologische Dämmstoffe, Lehmputz und Böden mittlerweile an die konventioneller Baustoffe heranreichen. Auftrieb durch die neue Energiesteuer erhoffen sich die Haustechnik-Anbieter: Je teurer die Energie, desto eher lohnt sich der Einbau von Sonnenkollektoren oder Wärmerückgewinnungsanlagen.
Neben Kauf und Verkauf stand die Umweltpädagogik für Erwachsene und Schüler im Vordergrund, als Hauptattraktion die große Multivisionsshow von Greenpeace zum Thema Wasser, mit der die Umweltschützer zur Zeit durch Deutschland touren. Bereits vor der Eröffnung waren dafür aber mehr als 500 Schüler angemeldet. Und damit es trotz des feuchten Klimas nicht allzu trocken-pädagogisch wurde, war auch für die Sinne gesorgt: In der Apfelerlebniskiste konnten Kinder nach Herzenslust tun, wofür es zu Hause mitunter ganz schön Terz gibt: Äpfel zerquetschen, im Mus pantschen und nach den anderen schmeißen. Oder am Käsestand mal in einen frisch angesetzten Gouda langen.
Ergänzend wurde ein facettenreiches Rahmenprogramm mit 40 Vorträgen geboten, deren Spektrum von Gesundheit über die Zukunft von Ökobauern, Erfahrungen mit dem ersten kommerziell genutzten Passivenergiehaus Deutschlands bis zur regionalen Umsetzung der Agenda 21 reichte. Wer dabei den Tiefgang einer Fachtagung erwartet hatte, war sicher fehl am Platz, denn hier sollte der Endverbraucher bummeln, sich informieren, kosten und Probe sitzen.
Thematisches Highlight war die Podiumsdiskussion zur Liberalisierung des Strommarktes, an der Vertreter von Greenpeace, des Oldenburger Energierates, der Naturstrom AG und der Elektrizitätswerke Weser-Ems teilnahmen. Während der Telefonmarkt schon von einer Regulierungsbehörde kontrolliert wird, fehlt vergleichbares für die Stromanbieter. Auf der Ökologa fand die erste größere öffentliche Debatte über Probleme, aber auch die Chancen für Anbieter regenerativer Energien statt. Ungeklärt ist etwa, wie die Herkunft des „grünen“ Stroms überprüft werden kann, vor allem wenn er aus der Quelle traditioneller Monopolisten stammt. Ganz pragmatisch löste dieses Problem Rüdiger Wohlers vom Naturschutzbund , als er witzelte: „Wenn es etwas dunkler wird, ist es Biostrom.“ Eva Tenzer
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