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AnalyseKonfusion um Erstschlag

■ Nato-Atomwaffenpolitik sorgt für Streit zwischen Bonn und Washington

Zur Umsetzung der Verpflichtungen zur atomaren Abrüstung aus dem Atomwaffensperrvertrag wird sich die neue Bundesregierung für die Absenkung des Alarmstatus der Atomwaffen sowie für den Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen einsetzen.“ Dieser Satz aus dem Koalitionsvertrag vom 20. Oktober werde kaum zum Konflikt mit den USA führen, erklärte Bundesverteidigungsminister Scharping gestern in Washington. Dabei liegt der Konflikt längst vor. Schon Anfang November wurden Bundeskanzler Schröder anläßlich seiner Berliner Begegnung mit Nato-Generalsekretär Solana und Außenminister Fischer beim Treffen mit US-Amtskollegin Albright von ihren Gesprächspartnern äußerst kritisch auf diesen Passus angesprochen.

Der Kanzler war nach Angaben aus der Umgebung Solanas „nicht in der Lage, wichtige Fragen des Nato-Generalsekretärs zu beantworten“. Damals suchten Schröder und Fischer ihre Partner noch mit dem Hinweis zu beruhigen, der Satz aus der Koalitionsvereinbarung habe vorläufig keine praktischen Konsequenzen für die Politik der neuen Regierung. Doch unter dem Einfluß deutscher und internationaler regierungsunabhängiger Organisationen mußte die Regierung ihre Haltung wenig später korrigieren. Statt mit den drei Nato-Atomwaffenmächten USA, Frankreich und Großbritannien gegen eine Resolution der UNO-Generalversammlung zur atomaren Abrüstung und zum Verzicht auf den Ersteinsatz zu votieren, enthielt sich die deutsche Delegation der Stimme. Überdies gab sie eine positive Erklärung zu den Zielen der Resolution ab. State-Department-Sprecher James Rubin und andere US-Offizielle erteilten jeglichem Verzicht auf die Ersteinsatz-Option oder die Herabstufung des atomaren Alarmzustandes der Nato eine Absage.

Ist Scharping über diese Vorgänge nicht richtig informiert? Oder bedeutet seine Feststellung, daß der Satz aus dem Koalitionsvertrag nie ernst gemeint war oder nicht mehr gilt? Scharpings Äußerungen wie die anderer führender Außen- und Sicherheitspolitiker der Koalition zeigen, daß sie in zentralen Fragen keine gemeinsame Strategie haben. Was heißt die „Kontinuität“ der Außenpolitik mit Blick auf Nato und UNO? Erlaubt das Bekenntnis von Schröders Regierungserklärung zu Deutschlands „Verpflichtungen im Rahmen der Atlantischen Allianz“ auch eine kritische Mitgliedschaft? Und damit eigene deutsche Vorschläge für Veränderungen der Nato-Strategie ebenso wie den Widerspruch gegen Bestrebungen der USA, die Nato zum Weltpolizisten auch ohne UNO-Mandat zu machen? Die koalitionsinterne Klärung dieser Fragen drängt. Bis zum Washingtoner Nato- Gipfel Anfang April 99 fallen die Entscheidungen über die Strategie der Allianz. Andreas Zumach

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