: Protestmarsch für Öcalans Auslieferung
■ Breites Bündnis türkischer Vereine ruft heute zu einer Demonstration zur Auslieferung des Kurdenführers in die Türkei auf. Kurdische Einrichtungen befürchten Angriffe türkischer Nationalisten. Auslän
Über 32 türkische Berliner Vereine rufen heute zu einer Demonstration für die sofortige Auslieferung von Abdullah Öcalan an die Türkei und gegen die „Terrororganisation PKK“ auf. Erwartet werden nach Polizeiangaben 10.000 Demonstranten, die Veranstalter rechnen sogar mit 40.000 Teilnehmern. Der Zug startet um 12.30 Uhr am Adenauerplatz und zieht dann bis zur Kreuzung Kurfürstenstraße/An der Urania. Parallel dazu finden Demonstrationen in Bonn, München, Nürnberg, Wien, Zürich und in den Niederlanden statt.
Die türkischen Vereine haben sich zur gemeinsamen Vorbereitung in einem Komitee zusammengeschlossen. Darin sind islamistische Vereine wie Milli Görüș und Anhänger rechtsextremer und nationalistischer Gruppen aus dem Umfeld der Grauen Wölfe ebenso vertreten wie sozialdemokratische und konservative Vereine, die der türkischen Regierung nahestehen.
Angemeldet wurde die Demonstration von der Türkischen Gemeinde zu Berlin e.V. Deren Vorsitzender, Sabri Adak, begrüßte gegenüber der taz ausdrücklich die Aktionseinheit von so vielen Gruppen. Hauptziel der Demonstration sei, zitiert er aus dem gemeinsamen Aufruf, die Auslieferung Abdullah Öcalans an die Türkei, notfalls auch an Deutschland, und ein Gerichtsverfahren gegen den Kurdenführer. Wenn dann im Prozeß die Todesstrafe gegen ihn verhängt werde, sei das die gerechte Strafe. Öcalan und die PKK seien allein verantwortlich für sämtliche 30.000 Toten des Krieges in Kurdistan seit 1984. Menschenrechtsverletzungen durch die türkische Armee gebe es nicht, so Sabri Adak weiter. Vielmehr mordeten PKK-Guerillas auch in Militäruniform, um die Armee zu diskreditieren. Völkerrechtswidrige Militäraktionen wie der Einmarsch im Nordirak seien notwendig, um die türkische Sicherheit zu gewährleisten.
Die Polizeipressestelle geht trotz der Beteiligung gewalttätiger rechtsextremer Gruppen von einem friedlichen Verlauf aus, da „die Türken zur Friedlichkeit aufgerufen wurden“, so ein Sprecher. Die Polizei wird mit einer großen Anzahl von Beamten auf der Demonstration und in der Stadt zum Schutz kurdischer Einrichtungen präsent sein.
Angesichts der geplanten Demonstration und der zunehmenden Spannungen zwischen Türken und Kurden ruft Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) zur Besonnenheit und Friedfertigkeit auf. Das Zusammenleben verschiedener ethnischer Gruppen müsse auch weiterhin von Toleranz geprägt sein, erklärte sie gestern. Die kurdische Frage könne nur in der Türkei gelöst werden, nicht in Deutschland oder Italien. Eine friedliche Lösung gebe es nur, wenn sich der Weg zum gleichberechtigten Zusammenleben durch gegenseitigen Respekt und Akzeptanz auszeichne, sagte sie weiter.
Mitglieder kurdischer Einrichtungen sehen mit Sorge dem heutigen Tag entgegen. In der aufgeheizten Stimmung der letzten Wochen mehren sich die Drohungen türkischer Nationalisten gegen Andersdenkende. Zusätzlich findet im Wedding am heutigen Nachmittag eine große „Kulturveranstaltung“ der den Grauen Wölfen nahestehenden „Türk-Föderation“ statt. mel
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