General in Bosnien verhaftet

■ SFOR nimmt mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrecher fest. Er soll an den Massakern in Srebrenica beteiligt gewesen sein. Solana: Beschuldigte sollen sich Haager UN-Tribunal stellen

Den Haag/Sarajevo/Brüssel (dpa) – Soldaten der Friedenstruppe SFOR haben den bosnischen Serben, General Radislav Krstić, in Bosnien als mutmaßlichen Kriegsverbrecher festgenommen. Krstić werde nach Den Haag zum UN-Kriegsverbrecher-Tribunal überstellt, teilte die Chefanklägerin des Tribunals, Louise Arbour, gestern in Den Haag mit.

„Krstić ist ein bedeutender militärischer Führer“, sagte Arbour. Er wird wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der gefallenen bosnischen Muslim-Enklave Srebrenica gesucht.

Srebrenica war schon im April 1993 von den Vereinten Nationen zur Schutzzone erklärt worden. Dennoch eroberten die bosnischen Serben, die zuvor massive militärische Hilfe aus Rest-Jugoslawien erhalten hatten, im Juli 1995 unter dem Kommando von Armeechef Ratko Mladić die Stadt. Die schlecht bewaffneten niederländischen UN-Soldaten in der Enklave leisteten keinen Widerstand. Vor den Augen der Blauhelme sonderten die Serben die muslimischen Frauen und Kinder aus und deportierten sie. Die Männer wurden abgeführt und viele erschossen.

Insgesamt werden heute noch rund 8.000 Menschen vermißt. Das Tribunal geht davon aus, daß mindestens 6.000 von ihnen ermordet wurden.

Die Massenerschießungen von Srebrenica gelten als das schwerste Verbrechen im Bosnien-Krieg und als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa seit 1945. Der ehemalige Serbenführer Radovan Karadžić und sein Armeechef Ratko Mladić wurden dafür im November 1995 vom UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten wegen Völkermordes angeklagt. Der jetzt gefaßte Radislav Krstić stand auf der vom Tribunal geheimgehaltenen Anklageliste. Nato-Generalsekretär Javier Solana teilte in Brüssel mit, jeder gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher werde den Justizbehörden überstellt. „Ich rufe die Verdächtigen auf, sich umgehend dem Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunal für das ehemaligen Jugoslawien zu stellen“, hieß es in einer Erklärung. Krstić ist der vierte mutmaßliche Kriegsverbrecher aus der sogenannten „geheimen Anklageliste“, der verhaftet wurde. Die SFOR- Truppen nahmen bisher neun Beschuldigte fest. In dem UN-Gefängnis in Scheveningen sitzen zur Zeit 25 Gefangene ein.