■ Mit Montageschäumen auf du und du: Gift in Sprühdosen
Montageschäume – beliebtes Hilfsmittel vieler Heim- und Handwerker – schädigen vermutlich das menschliche Nervensystem. Das geht aus einer Veröffentlichung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hervor. Die Verbraucherschützer warnen davor, den Baustoff ohne passende Schutzkleidung zu verarbeiten.
Der Kunststoffschaum wird vor allem beim Einbau von Fenster- und Türrahmen als Dichtungsmaterial eingesetzt. Die klebrige Masse wird mit Hilfe von Treibgasdosen verspritzt, reagiert mit der Luftfeuchtigkeit und quillt zu Schaum auf. Bevor die Verbindung erhärtet, kann sie beliebig modelliert und daher einfach zwischen Rahmen und Mauerwerk verarbeitet werden.
Das Dämmittel birgt allerdings erhebliche Risiken: Das Magazin Ökotest wies bereits vor zwei Monaten auf die gefährlichen Inhaltsstoffe hin. Der „tückische Cocktail“ enthalte das Flammschutzmittel TCPP sowie die Chemikalie MIB. TCPP steht schon länger unter dem Verdacht, Krebs zu erzeugen und das menschliche Nervensystem zu schädigen. Das konnte zwar bislang noch nicht bewiesen werden, nach Experimenten sei das aber sehr wahrscheinlich. Ratten hatten nach Kontakt mit der Chemikalie entsprechende Symptome gezeigt.
Auch MIB ist wahrscheinlich krebserregend. Mit Sicherheit aber löst die Substanz nach Einatmen oder Hautkontakt Asthma und Allergien aus. Für Ökotest war das der Anlaß, 23 auf dem Markt erhältliche Schäume unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis: Das Magazin stufte alle 23 Produkte als „nicht empfehlenswert“ ein.
Es gibt Alternativen: Wer das Gesundheitsrisiko nicht eingehen will, kann ganz auf die schaumigen Krankmacher verzichten. Fensterfugen etwa lassen sich auch mit Wolle oder Jute ausstopfen. Das ist zwar zeitaufwendiger und teurer, dafür aber ökologisch und gesundheitlich unbedenklich.
Eigentlich ist es Aufgabe der Baumärkte, ihre Kunden auf die erheblichen Nebenwirkungen von Montageschäumen hinzuweisen. Das geschieht allerdings nur selten: Die Verbraucherzentrale NRW fragte in 23 Läden, welche Sicherheitsvorkehrungen bei der Verarbeitung notwendig wären. Auch hier ein eindeutiges Ergebnis: 22 von 23 Verkäufern wußten kaum Bescheid. 15 Mitarbeiter rieten den Testkäufern sogar, die Dosen mit den Resten der schwer abbaubaren Chemikalien im Hausmüll zu entsorgen. Blamage für die Baumärkte: Der einzige Verkäufer, der Kenntnisse über TCPP hatte und sinnvolle Tips geben konnte, war Praktikant in einem Düsseldorfer Baumarkt. Jens Uehlecke
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